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Sechs Aschenbecher für einen Nichtraucher – Folge 7
Jetzt wird's ölig!
(Testmessungen mit der Ölpumpe)
Daniel Eberli
In Folge 6 wurde es bereits angekündigt: Wir, Hansueli Streit und ich, hatten festgestellt, dass die Ölpumpe in meinem Six zu wenig Öl förderte.
Die alte Pumpe hatte ich Albert Schorta geschickt, welcher sie revidieren wollte. Bei der Inspektion stellte er fest, dass das Gehäuse innen durch den Keil des angetriebenen Zahnrades beschädigt war. Er war der Meinung, diese Beschädigung sei mitverantwortlich für den tiefen Öldruck. Glücklicherweise hatte er ein Pumpengehäuse am Lager, welches in Ordnung war. Er stattete dieses mit neuen Zahnrädern und Dichtungen aus und schickte mir die revidierte Pumpe zurück. Für Instruktionszwecke legte er auch die Teile, welche er von meiner alten Pumpe nicht mehr verwendet hatte, bei.
           
Mit der neuen Pumpe machten Hansueli und ich am Arbeitsplatz von Hansueli nach seinem Feierabend eine Reihe von Tests.
Wir spannten die Pumpe bei einer grossen Ständerbohr- und Fräsmaschine ein. Am Ausgang wurde ein Manometer und ein Hahn eingebaut, so dass wir den Druck und die Durchflussmenge variieren konnten. Dann wärmten wir das Motorenöl (der aufmerksame Leser der Folge 6 wird sich erneut die Frage stellen, ob dafür wieder die beste Pfanne von Renata Streit zur Anwendung kam) und starteten eine Reihe von Tests. Wir massen bei verschiedenen Drücken die Menge des während 15 Sekunden gepumpten Öls und errechneten daraus die Leistung in Litern pro Minute. Erstaunlicherweise hatte die Art des verwendeten Öls nur wenig Einfluss auf das Resultat. Allerdings ist zu bemerken, dass das Einbereichsöl der Viskosität 30 rund 6 Grad kühler war, als das Mehrbereichsöl HD 10W60. Absolut identische Messbedingungen zu schaffen, wäre recht aufwändig geworden.
Die Resultate waren äusserst interessant.
Aus der nachstehenden Tabelle können die Werte herausgelesen werden:
Die alte Pumpe war mit 700 Umdrehungen (entsprechend 1400 Touren Motorendrehzahl) gemessen worden. Bei ganz geöffnetem Hahn, das heisst also: Wenig Widerstand (Druck 1 Bar) , leistete sie 6 Liter pro Minute. Schloss man den Hahn und erhöhte damit den Druck, leistete sie bei 3 Bar gerade mal noch 2.5 Liter pro Minute.
Anders die revidierte Pumpe:
Bei einer Drehzahl von 300 Umdrehungen (entsprechend 600 Touren Motorendrehzahl) leistete sie bei 1 Bar zwischen 3.2 und 3.5 Liter pro Minute. Die Literleistung bei höherem Druck sank kontinuierlich ab. Bei 3 Bar waren es noch 1 bis 1.5 Liter. Dann öffnete das Überdruckventil und bei 3.5 Bar sank die Literleistung auf 0.
Dann liessen wir die Pumpe mit 600 Umdrehungen laufen. Bei einem Druck von 2.5 Bar leistete sie nahezu 6 Liter pro Minute. - Der Hahn war dabei ganz geöffnet. Da ein Schliessen des Hahns nur ein Öffnen des Überdruck-Ventils bewirkte, konnten wir bei dieser Drehzahl keine richtige Messreihe mehr erstellen. Immerhin war frappant, dass bei der alten Pumpe für die gleiche Literleistung der Druck auf 1 Bar gesenkt werden musste.
Natürlich muss eine gewisse Messungenauigkeit akzeptiert werden. So waren zu Beispiel Beginn und Ende der Pumpenmessungen von Hand gestoppt. Die Temperaturdifferenz wurde bereits früher erwähnt.
   
  Altes Mehrbereichs-Veteranenöl 10W60, Öltemperatur zwischen 65 und 58° C   Neues Öl Agrola Superlube HD30, Öltemperatur zwischen 60 und 50° C  
  Pumpendrehzahl 300 Min -1 Pumpendrehzahl 600 Min -1   Pumpendrehzahl 300 Min -1 Pumpendrehzahl 600 Min -1  
  1.0 Bar
3.20 L/Min
      1.0 Bar 3.40 L/Min      
  1.6 Bar 2.90 L/Min       1.6 Bar 2.75 L/Min      
  2.0 Bar 2.26 L/Min 2.5 Bar 5.60 L/Min   2.0 Bar 2.46 L/Min      
  2.5 Bar 1.95 L/Min       2.5 Bar 2.02 L/Min 2.5 Bar 5.70 L/Min  
  3.0 Bar 1.22 L/Min       3.0 Bar 1.64 L/Min      
  3.5 Bar 0       3.5 Bar 0      
                   
 




       
Soweit waren die Messresultate erfreulich. Sie bestätigten unsere Vermutung, dass die Ölpumpe mehr leisten muss, als die Werte, welche wir bei der unrevidierten Pumpe gemessen hatten. Sie zeigten und auch, dass die Messung gemäss Werkstatthandbuch zwar zeigt, wie das Überdruckventil eingestellt ist, dass aber damit keine Aussage gemacht werden kann über die Literleistung und damit über den Allgemeinzustand einer Pumpe.
Wir wollten unsere Serie bereits abbrechen, als ich fand, wir könnten einen oder zwei Werte noch verifizieren, weil die Einstellung des Drucks nicht ganz präzise gewesen war.
Plötzlich zeigten sich so merkwürdigen Zahlen, dass Hansueli spontan fand: "Jetz isch si kabutt!".
  Tabelle Tatsächlich lagen die Werte der fünf Nachmessungen zum Teil tiefer als bei der unrevidierten Pumpe.
- Frust! Inzwischen war die Zeit jedoch so weit fortgeschritten, dass wir beschlossen, die Tests abzubrechen.
           
   

Zu Hause öffnete ich die Ölpumpe und untersuchte sie. Optisch waren die Zahnräder und die Kugel des Überdruckventils in bestem Zustand. Bei der Feder des Überdruckventils und zwischen den Zahnrädern jedoch fand ich mehrere Fasern von Putzfäden! Offensichtlich waren diese zwischen dem Sitz der Kugel und der Kugel selbst eingeklemmt worden, so dass das Überdruckventil nicht mehr richtig schliessen konnte. Wie sagte der Fachmann Hansueli Streit einmal: Schmutz ist der Tod jeder Pumpe!
Ich reinigte dann die ganze Pumpe sorgfältig und blies sie aus. Seither habe ich die Teile wieder eingebaut und den Motor wieder ins Fahrzeug eingepflanzt. Die erste Testfahrt zeigte, dass der Öldruck stabil auf gutem Niveau ist. Die Zündung und das Schaltgestänge müssen noch etwas justiert werden, aber das sind "Peanuts".

Folgende Punkte habe ich aus den Erfahrungen gelernt:
- Messungen gemäss Reparaturhandbuch dienen nur zum Einstellen des Überdruckventils. Sie sagen nichts aus über den Zustand der Pumpe.
- Eine Serie von Messungen der Literleistung bei verschiedenen Drücken kann auch durch den Laien gemacht werden. Man benötigt dazu lediglich eine Bohrmaschine, deren Drehzahl man kennt - es braucht nicht unbedingt so ein Monstrum zu sein, wie wir es zur Verfügung hatten - , ein Manometer, einen Hahn und die dazugehörenden Anschlüsse, ein Litermass, eine Stoppuhr, ein Rechaud und eine Pfanne, um das Öl zu erwärmen. Eine Hilfsperson erleichtert die Arbeit. Grosszügiges Abdecken des Arbeitsbereichs oder etwas Ölbinder sind empfohlen… (Natürlich ist es hilfreich, eine professionelle Einrichtung wie bei Hansuelis Arbeitgeber zur Verfügung zu haben. Mit etwas Basteltalent kann man sich jedoch auch einfacher in der eigenen Werkstatt einrichten.)
- Schmutz im Öl wirkt wie Schleifpaste. Natürlich wird damit nicht nur auf die Ölpumpe "bearbeitet", sondern auch jedes Lager.
- Putzfäden oder ähnliche Fremdkörper im Öl können sich verheerend auswirken.
- Die Viscosität des Öles hat einen kleineren Einfluss, als angenommen. Auf Grund der gemachten Erfahrungen werde ich in Zukunft unlegiertes Öl der Viskosität 30 oder 40 verwenden. In diesem Zusammenhang verweise ich auf den Beitrag von Uwe Rompalski auf der Homepage des CTAC. (http://www.tractionavant.ch/Berichte/Oele/OelOldtimer.htm)

Und last but not least: Problemen mit der Ölpumpe kommt man nur auf die Spur, wenn man ein Anzeige-Instrument im Auto hat. Ich bin inzwischen überzeugt, dass viele Lagerschäden bei Tractions - sowohl bei 11-ern, als auch bei 15-ern - auf ungenügenden Öldruck zurückzuführen sind.

Hansueli Streit bemängelte die Konstruktion der Original-Ölpumpe der Traction. Da das Öl, welches durch das Überdruckventil abgelassen wird, gleich innerhalb der Pumpe wieder in den Kreislauf kommt, lässt sich bei einer Prüfung nicht feststellen, welche Menge dort austritt. Sein Idee wäre, das Druckventil zu blockieren und daneben eine Bohrung anzubringen, bei der ein handelsübliches Ventil angebracht wird, bei welchem das überschüssige Öl ausserhalb der Pumpe in die Ölwanne zurückfliesst.
Meine Idee wäre, dort gleich eine Leitung anzubringen, welche zu einem externen Ölfilter führt. Damit wären dann zwei Fliegen mit einer Klappe erwischt.
Wie sich die Konstruktion mit Ölkühler und Ölfilter, wie ich sie im letzten Sommer bei meinem Auto installiert habe, mit der neuen Pumpe bewährt, wird sich zeigen.
           

Da meine Traction "ohnehin" mit offener Motorhaube herumstand benützte ich die Gelegenheit, um ein weiteres, Six-spezifisches Problem zu lösen: Bei der Befestigung des Rüssels, dem Verbindungsstück zwischen Vergaser und Luftfilter, war das eine Gewinde ausgerissen. Ich verwendete eine Gewindestange und bohrte unten ein feines Loch, durch welches ich einen kleinen Dorn durchstecken konnte. Um das Ganze zu stabilisieren, habe ich es mit Araldit (2-Komponenten-Kleber) festgemacht. Ich bin überzeugt, das hält!


Daniel Eberli

           
 


Wer die ersten Folgen verpasst hat, findet die Beiträge unter der Reihe "Die Revison eines Six-Motors" hier:
Teil 1
Teil 2
Teil 3
Teil 4
Teil 5
Teil 6
Daniel Eberlis leidgeprüftes Fahrzeug stellen wir in der Galerie vor.