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Lieber Leser,
bis man die Früchte des Erfolges beim rostigsten Hobby der Welt geniessen kann und hoch erhobenen Hauptes mit einem glänzenden Fahrzeug vor klatschendem Publikum promenieren kann, muss man entweder tief in die Tasche greifen (sofern es dort etwas zu finden gibt…) oder den beschwerlichen Weg der schwarzen Händen, verschlagenen Finger und des gebeugtem Rückens gehen. Oft sind die beiden Methoden auch kombiniert anzuwenden. Von der Leserschaft ist leider die Frage, "Warum tut man sich so was an?", die ich im letzten Bericht gestellt habe, unbeantwortet geblieben. Vielleicht gelingt es mit diesem Bericht, etwas zur Klärung dieser interessanten Frage beizutragen.

AC4. Taxi: Fortschritte - Bericht 3

Text und Bild: Daniel Eberli

Meinen letzten Bericht hatte ich mit der Frage beendet, ob ich, mich von vorne nach
hinten durchzuarbeiten und als nächstes den Motor ausbauen, oder von unten nach
oben vorgehen und mit der Demontage der Hinterachse weitermachen werde. Auf
Grund praktischer Überlegungen entschied ich mich dazu, die Hinterachse so lange wie
möglich am Chassis zu belassen. 1. ergab sich eine gewisse Stabilität zum Arbeiten,
wenn das Fahrzeug wenigstens hinten noch auf den Rädern stand, und 2., so überlegte ich mir, war es dadurch möglich, das Chassis auf diesen Rädern unter der Kabine hervor zu fahren. – Wenn ich denn einmal so weit kommen sollte…

Ich nie zuvor einen C4-Motor ausgebaut hatte, stellte sich für mich die Frage, ob ich diesen alleine oder zusammen mit dem Getriebe demontieren sollte. Meine C4-Unterlagen gaben dazu keinen Aufschluss, doch gemäss meinen Büchern war es beim Vorgänger B14 üblich, die beiden Komponenten zusammen auszubauen. Ich fand darin auch gewisse Hinweise, wie der Motor am besten aufgehängt werden konnte. Abgesehen davon, dass sich das Brems- und das Kupplungspedal (beide sind auf einer
Welle seitlich der Kupplungsglocke befestigt) abwechslungsweise am Chassis und an der Spritzwand verklemmten, bis ich schliesslich die Pedale demontierte, verlief die Operation ohne Komplikationen.

Dass ich dabei ab und zu mit widerspenstigen Schrauben zu kämpfen hatte und die unterschiedlichsten Mittel und Methoden einsetzen musste (Schlagschrauber, Meissel, Säge, laute Worte, Handauflegen, Reiki etc.) versteht sich von selbst. Dies motivierte
mich denn auch, den Artikel zum Thema "Nach fest kommt ab" zu verfassen und auf der CTAC-Homepage zu publizieren.

Bevor ich die Kabine abheben konnte, musste ich selbstverständlich sämtliche Verbindungen zum Chassis trennen. Dazu gehörten auch die elektrischen Leitungen. Die Kabel im Bereich der Spritzwand löste ich sorgfältig. Die übrigen, insbesondere die Leiter für Blinker, Rücklichter und Bremslichter kappte ich mit dem Seitenschneider. Die Verdrahtung – Freileitungsbau mit ungenügenden Querschnitten und in Einheitsfarbe – musste ich ohnehin ersetzen, das war mir klar. Ein besonders schönes Beispiel französischer Restaurationstechnik fand ich in der linken Rückleuchte: Offensichtlich war dort die Halterung für die Bi-Lux-Birne einmal defekt. Eine fachmännische Reparatur war wohl zu aufwändig oder ein Ersatz zu teuer; auf alle Fälle hatte man mit einer Schlauchschelle eine Fassung für eine 10 Watt-Birne befestigt und diese sowohl mit dem Kabel für das Bremslicht, als auch für das Rücklicht verbunden. – Interessantes Schaltschema! In einem Punkt muss ich dem "Konstrukteur" jedoch Recht geben: In Anbetracht der dünnen Kabel machte es auch kaum einen Unterschied…

In der Zwischenzeit hatte ich mir mal das "neue" Chassis genauer angeschaut. Da ich
bei diversen Ecken und Verbindungen Spuren von Flugrost entdeckte, entschloss ich
mich, diese nicht nur – wie ursprünglich geplant - mit dem Pinsel auszubessern,
sondern gleich "Nägel mit Köpfen" zu machen, und das Chassis trotz des guten
Allgemeinzustandes zum Sandstrahlen zu bringen. (Der erfahrene Restaurateur wird
den Zeigefinger in die Höhe halten und sagen "So fängt es an!)

Es folgte die Demontage der Spritzwand und des Benzintanks. Als ich das neue
Chassis – inzwischen rostfrei und perfekt lackiert – wieder zurück bekam, montierte ich
dort die vorderen Blattfedern – natürlich mit neuen Bronzebüchsen – sowie die
Vorderachse. Der Anblick, der sich mir darauf bot, machte mir Mut: Zum ersten Mal seit
Beginn meiner Schrauberei konnte ich wirklich von "Fortschritt" sprechen!

Einen Dämpfer bekam ich gleich danach, als ich mir das weitere Vorgehen zum Abheben der Kabine überlegte. Ich stellte fest, dass diese nicht, wie ich erwartet hatte, auf einem Hilfsrahmen aufgebaut war, sondern dass mehrere einzelne Holzstücke mit
dem Chassis verschraubt waren. Wie sollte ich die Kabine vom Chassis bekommen, ohne dass alles verzogen wurde oder auseinander fiel? (Das nebenstehende Bild zeigt den Blick auf den Bereich unter dem Rücksitz. Links, voll mit Konfetti, ist ein Stück des Heckabschlusses zu erkennen, das diagonal verlaufende Blechstück in der Mitte gehört bereits zum Chassis und rechts oben sieht man den linken hinteren Innenkotflügel.)

In der zweiten schlaflosen Nacht wurde mir plötzlich klar: Dies war das Problem, dessen
Lösung bereits seit bald 30 Jahren bei mir schlummerte! (Ich erinnere an meinen
Leitspruch: "Wir haben die Lösung, bringen Sie uns das Problem".) Hier muss ich
vielleicht etwas ausholen, denn 30 Jahre sind doch eine lange Zeit… Im Juli 1981 kaufte
ich in Südfrankreich einen Citroën B14 Pick-Up in der Absicht, diesen zu restaurieren
und innerhalb von 5 Jahren auf die Strasse zu bringen. Nun, es kamen dann eine junge
Frau, ein altes Haus, zwei Kinder und mehrere Autos dazwischen, und so schlief der
B14 zerlegt und auf drei Stockwerke verteilt einen Dornröschenschlaf und wartete auf
meine Pensionierung. In dieser Nacht erkannte ich, wie vorausschauend mein Kauf damals war!

Natürlich habe ich volles Verständnis, wenn der geneigte Leser den Zusammenhang
nicht gleich nachvollziehen kann. Das Chassis des B14 hing all die Jahre an der Decke
in meiner Schreinerwerkstatt über der Garage und verstaubte. Vorsichtig und mit Hilfe
meiner Familienangehörigen (schliesslich waren sie mitschuldig daran, dass das B14-
Chassis dort hing!) sowie eines vor Jahren in weiser Voraussicht an der Werkstattdecke montierten Kranes liessen wir es in die Garage hinunter. Vorne am Kettenzug und hinten am erwähnten Kran aufgehängt, brachten wir es über dem Taxi in Position.

Im Bereich der nun fehlenden Spritzwand brachte ich mit Flacheisen Verstärkungen an,
die unteren Verdeckbefestigungen löste ich und montierte stattdessen Ösen. An diesen
und weiteren strategisch wichtigen Punkten brachte ich insgesamt 6 Spannsets an und
verband die Enden mit dem B14 Chassis. Zwischen dem Rahmen der Frontscheibe und
dem festen Teil des hinteren Aufbaues klemmte ich zwei Holzstücke, um zu vermeiden,
dass die Kabine zusammen klappen konnte. Am Anfang hatte ich vorgesehen, die
hinteren Kotflügel zur Verbesserung der Stabilität am Aufbau zu belassen, aber ich
musste einsehen, dass dies im unteren Teil zu Komplikationen mit dem Chassis führen
würde. Also schraubte ich sie ab. Auch die hinteren horizontalen Abschlussbleche
musste ich entfernen.

Vorsichtig sorgte ich für gleichmässigen Zug, dann demontierte ich die Hinterräder und senkte vorsichtig und langsam das Heck des Chassis mit dem Wagenheber ab. Schon bald musste ich feststellen, dass ich zwei versteckte Schrauben übersehen hatte. Ich hob das Heck zur Entlastung wieder an, entfernte die Schrauben und wiederholte das Absenken. Diesmal löste sich die Kabine vom Chassis. Vorsichtig hob ich mit dem
Kettenzug die Front und danach das Heck der Kabine mit dem Elektrokran so weit an, dass ich das Chassis auf den
Hinterrädern und dem Grubenheber rückwärts unter der Kabine hervorziehen konnte.

Zwei Tage vor Weihnachten glich das Taxi einer Seilbahnkabine in der Talstation. Ein richtig surreales Bild! Gewissermassen war es auch ein überdimensionales Weihnachtspäckli für meine Frau, nur durfte sie auf keinen Fall die farbigen Bändel durchschneiden!

Als nächstes baute ich die Hinterachse und die Blattfedern aus – man müsste wohl eher sagen "ab" -, wobei ich auch hier zum Teil nur mit nackter Gewalt, das heisst, mit der Säge, zum Ziel kam. Das nebenstehende Bild zeigt, wie es um den Zustand der hinteren Blattfederaufhängung bestellt war. Auch die obere Befestigung des Ausgleichsstückes hatte massiv Spiel.

Diejenigen Teile wie Trittbrettträger,
Bremsseil-Führungen etc. welche ich noch benötigte, entfernte ich ebenfalls vom
alten Chassis wobei ich feststellen musste, dass die Motorlager besonderer
"Zuwendung" (nebenstehendes Bild) bedürfen. Zum Teil waren die Schrauben
dort gerade mal noch halb so dick wie im Neuzustand…

Zwischen Weihnachten und Neujahr hatte ich eine Besprechung mit einem
Karrossier. Die hinteren Kotflügel sind verbeult, und bei den vorderen kamen an den Kanten mehrere kleine Rostlöcher zum Vorschein. Er empfahl mir, die Kanten der Blechteile und kritische Stellen sorgfältig und möglichst sanft sandstrahlen zu lassen.

Anfangs des neuen Jahres konnte ich dann das alte Chassis aus der Garage räumen. –
Was übrig blieb, liess sich mit dem Besen entsorgen…

Die Blechteile sind inzwischen zurück vom Sandstrahlen und beim Spengler, die
hinteren Blattfedern brachte ich zum Spezialbetrieb Bieri in Kriens zum Richten. Zur Zeit
bin ich daran, die Reibungsstossdämpfer aufzuarbeiten.

Sollte auf Grund meines Berichts beim geneigten Leser der Eindruck entstehen, das
Taxi mache rasche Fortschritte, so muss ich diese Erwartungen dämpfen: Es gibt noch
viel zu tun.

Einer der spannendsten Momente steht mir bevor, wenn ich die Hinterachse wieder
eingebaut habe und das neue Chassis unter die Kabine rolle. Wird die Kabine auf das neue Chassis passen?

Verpassen Sie keines Falls den nächsten Bericht, wenn es wieder heisst:
AC4 Taxi: Fortschritte…

Daniel Eberli

Das nebenstehende Bild zeigt den Blick von unten auf die frei hängende Kabine. Durch das offene Führerhaus sieht man ein Stück des B14-Chassis. Im Vordergrund das +-Kabel für den Batterie-Anschluss. Auf einem der Bodenbretter steht übrigens auf
der Unterseite von Hand geschrieben "Le Reviens" (Der Rückkehrer). Was wollte uns
wohl der Verfasser damit sagen?

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