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Der schwierige Weg zu einem einzigen Schweizer Dachverband für Veteranenfahrzeuge

Rudolf Weber

Eine Initiative ...

Es mag in vielen FIVA Ländern Irritationen ausgelöst haben, dass die Schweiz bisher über zwei Dachverbände verfügt hat, um die Interessen der Veteranenszene national und international zu vertreten, nämlich die FSVA und die Swiss Oldtimers. Am meisten gestört haben dürfte es aber die einheimischen Fahrer, welche immer wieder ihren Wunsch geäussert hatten, die zwei konkurrierenden Verbände sollten sich doch zusammenschliessen.

So war es eigentlich erfreulich, dass anfangs 2013 durch eine Anfrage des Präsidenten der Swiss Oldtimers, Alex Rüber, an Thomas Kohler, Präsident der FSVA ein Projekt zum Zusammenschluss angestossen wurde. In der FSVA rannte man damit offene Türen ein und deren Vorstand machte sich gleich daran, die Idee umzusetzen. Leider entsprach das Ergebnis jedoch nicht den Vorstellungen einer grossen Zahl von Veteranenclubs und löste die grössten Turbulenzen in der Geschichte der Dachverbände aus. Was war geschehen?

... die gründlich misslang

Das Projekt und dessen Durchführung – von einem Kernteam des FSVA Vorstandes entworfen – stiess bereits im Gesamtvorstand auf Widerstand. Der Projektentwurf machte einen flüchtigen und unprofessionellen Eindruck. Unter anderem war darin nicht befriedigend geregelt, wie mit den Vereinsvermögen der zwei Verbände zu verfahren sei. Ausserdem wurde nicht ein juristisch wasserdichtes Fusionsverfahren geplant sondern eine Art ad hoc Übung, mit dem Risiko, dass die alten Verbände aufgelöst worden wären, ohne dass ein neuer Verband Rechtskraft errungen hätte. Statt die kritischen Stimmen im Vorstand ernst zu nehmen, wurden weitere Sitzungen unter Ausschluss der "dissidenten" Vorstandsmitglieder durchgeführt und ohne deren Einverständnis ein neuer Verband ins Handelsregister eingetragen. Es war auch nicht geplant, dass die Verbandsmitglieder, also die einzelnen Autoclubs, eine Stellungnahme dazu hätten abgeben können. Dagegen wehrten sich FSVA-internen Opponenten und gründeten die Interessengemeinschaft "Pro FSVA", mit dem Ziel, die Auflösung der FSVA so lange zu verhindern, bis ein tragbares Fusionskonzept vorliegen würde.

Die denkwürdige Delegiertenversammlung 2014

An der Delegiertenversammlung 2014 der FSVA wollte man nun von den Delegierten grünes Licht für die Auflösung der FSVA zu Gunsten der neuen Organisation. Dass dies keine einfache Übung werden würde, war mir klar, als ich am 21. Juni 2014 an die FSVA Delegiertenversammlung ins Verkehrshaus reiste. Tatsächlich konnte dann von einer konstruktiven Sitzung keine Rede sein. Die beiden Lager und die im Vorfeld geschürten Emotionen bewirkten einen völlig kompromisslos geführten Kampf. Befürworter und Gegner beschimpften sich auf das Übelste und warfen sich gegenseitig vor, zu lügen. Es kam zu Buhrufen und nicht traktandierten Auftritten. Es wurde aus E-Mails zitiert, die belegen sollten, wie hinter den Kulissen intrigiert worden sei. Eigentlich hätten die Delegierten auch über die Aufnahme des Mercedes- und des Saurer-Clubs in den Dachverband abstimmen sollen. Die Stimmung war aber dermassen übel, dass die Vertreter dieser zwei Vereine unter Protest den Saal verliessen und auf eine Aufnahme vorläufig verzichteten.

Dampfschiff

Leider färbte die schöne Stimmung am 21.6.14 in Luzern nicht auf die Delegiertenversammlung ab

Eine verunglückte Präsidentenwahl

Da der bisherige FSVA-Präsident, Thomas Kohler, auf die Delegiertenversammlung hin seinen Rücktritt eingereicht hatte, war eine Ersatzwahl traktandiert worden. Als Kandidat standen Ruedi Wenger, ehemaliger Präsident des SMVC und Ehrenmitglied der FSVA, sowie André Schlatter vom Rover Club als Gegenkandidat des "Pro FSVA"-Lagers zur Wahl.

Da die Promotoren des überstürzten Zusammenschlusses bei vielen Sachfragen vom "Pro FSVA"–Lager überstimmt worden waren, zog Ruedi Wenger, welcher hinter dem umstrittenen Zusammenschlussverfahren stand, seine Kandidatur zurück. André Schlatter als nun einziger Kandidat wurde daraufhin mit Akklamation gewählt und erhielt bereits die ersten Gratulationen, als sich ein Delegierter meldete. Eine solche Wahl sei gemäss Statuten nur mit einem Zweidrittel-Mehr gültig und könne somit nicht mit Akklamation bestätigt werden. Also schritt man zu einer Abstimmung, bei der aber der bereits voreilig gewählte Präsident zwar eine Mehrheit, nicht aber die nötigen Zweidrittel der Stimmen erreichte und so nach zehnminütiger Präsidentschaft das Amt bereits wieder abgeben musste. Da keine weiteren Kandidaten aus dem Hut gezaubert werden konnten, musste statutengemäss der Vizepräsident, René Berset, das Amt interimistisch übernehmen.

Nachwehen nach der Delegiertenversammlung 2014

Nach diesem chaotischen Ende wusste niemand so recht, wie es weitergehen sollte. Immerhin war man sich einig, dass die zwei Parteien eine paritätische Arbeitsgruppe bilden müssten, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Zwar nahm diese Projektgruppe die Arbeit auf, aber trotzdem wurden über die nächsten Wochen und Monate in Hinterzimmern eifrig Koalitionen und Gegenkoalitionen geschmiedet. Unter anderem tauchte die Frage auf, ob die erwähnte Wahl doch rechtskräftig gewesen sei, da man die leeren Stimmen eventuell nicht für die Bestimmung der Zweidrittel-Quote hätte dazuzählen dürfen. Dann hätte es nämlich für André Schlatter gereicht und die "Pro FSVA" hätte den Präsidenten stellen können. Da die Gegner eine Diskussion über diese Frage völlig ausschlossen, wurde seitens der "Pro FSVA" eine Klage vorbereitet – man war also bereit, bei Bedarf den Streit vor den Richter zu tragen.

Es würde den Umfang dieses Berichtes sprengen, würde ich nun alle Irrungen und Wirrungen aufzählen, die sich im Verlauf der nächsten Monate abspielten. Sicher war nur, dass man äusserst unsicher war, wie sich die Delegiertenversammlung 2015 abwickeln würde und ob man den gordischen Knoten würde zerschlagen können.

Die Delegiertenversammlung 2015

Ich war also äusserst gespannt, wie die Delegiertenversammlung der FSVA am 16. Mai 2015 verlaufen würde und machte mich auf Unschönes gefasst. Doch ich wurde schon zu Beginn mit der Organisation des Anlasses äusserst positiv überrascht.

Am Vormittag tagten sowohl die FSVA wie auch die Swiss Oldtimers –zwar beide im Verkehrshaus, aber in getrennten Räumen. Die so durchgeführten Delegiertenversammlungen der beiden Dachverbände hatten als Haupttraktandum die Frage zu beantworten, ob die Delegierten eine Fusion befürworten würden. Beide Dachverbände waren einstimmig dafür. Mit einer gewissen Erleichterung konnte deshalb zum Mittagessen geschritten werden.

Toeffli im Verkehrshaus

Am Tag der Delegiertenversammlung fand im Verkehrshaus auch ein Treffen von Motorfahrrädern statt. Deren jugendliche Fahrer werden hoffentlich eines Tages die altersgelichteten Reihen in den Auto-Veteranenclubs ersetzen.

Das grosse Finale

Die grosse Herausforderung erwartete man aber am Nachmittag, als man sich nun gemeinsam im grossen Saal traf. Auch hier erlebte man eine angenehme Überraschung. Statt eines Exponenten aus einem der Dachverbände wurde ein neutraler Anwalt als Versammlungsleiter verpflichtet. Der Berner Fürsprech Daniel Wysmann führte effizient, ruhig und zielsicher durch die Sitzung, was impulsive Gemüter stark beruhigte.

Gründung SHVF

Die Gründungsversammlung aus der Sicht des CTAC-Delegierten

Die zwei Haupthindernisse aus dem letzten Jahr gaben praktisch keinen Diskussionsbedarf mehr her, da sich die vorbereitende Arbeitsgruppe auf eine formelle Fusion geeinigt hatte, womit auch die Fragen um die Vereinsvermögen klar geregelt würden.

Interessant wurde es bei der Diskussion über den Namen des neuen Dachverbandes. Den Delegierten wurden folgende Varianten vorgelegt:

Keiner der Vorschläge fand Gefallen. Man war sich zwar einig, dass wir uns als bedeutendes Mitglied der FIVA einen englischen Namen geben sollten, statt unter den drei Landessprachen zu firmieren. Aber ebenso einig war man sich, dass deshalb der Begriff Oldtimer nicht verwendet werden sollte, da sich die Angelsachsen darunter bekanntlich einen älteren Herrn und nicht ein altes Auto vorstellen. Auch der Ausdruck "Car" wollte man vermeiden, da der Verband auch die Motorräder- und Traktoren-Clubs umfasst.

Als weitere Bedingung wurde gefordert, dass man die Abkürzung des neuen Namens als Internet-Domäne verwenden kann, dieses Kürzel also noch nicht im Internet besetzt sein sollte. Einige gute Vorschläge fielen dadurch aus den Reihen. Letztendlich einigte man sich auf Swiss Historic Vehicle Federation oder SHVF. Im Internet ist der Verband bereits aufgeschaltet, resp. wurde der Auftritt der FSVA entsprechend angepasst. Siehe www.shvf.ch.

Wahl des neuen Vorstandes

Als Höhepunkt erfolgten am Schluss die Vorstandswahlen. Das Prozedere war recht umständlich, da jeweils nicht die Regel "ein Mann, eine Stimme" gilt, sondern der Delegierte pro 50 vertretenen Mitgliedern eine Stimme hat. Als CTAC-Vertreter konnte ich somit jeweils 7 Stimmen abgeben. Die Delegierten hatten an der Eingangskontrolle entsprechend ihrem Stimmgewicht eine grosse Karte mit der entsprechenden Zahl erhalten, welche man bei der Abstimmung hochhielt, damit die Stimmenzähler reihenweise die Stimmen addieren konnten. Über jeden Kandidaten wurde einzeln abgestimmt. Es blieb aber spannend bis zum Schluss, da keine Zwischenergebnisse angezeigt wurden.

Abstimmung SHVF

Kompliziertes Abstimmungsprozedere (Foto Ruedi Müller)

Das Fazit war dann durchaus erfreulich. Vertreter beider ehemaligen Dachverbände erhielten Vorstandssitze. Innerhalb der ehemaligen FSVA wurden ebenfalls aus beiden vormalig zerstrittenen Lagern Vertreter in den Vorstand gewählt. Erstmals kann auch eine Frau in diesem Gremium mitarbeiten (Judith Wyder, Oldtimer Club Ostschweiz). Es sind Vertreter der West- Deutsch- und Südschweiz dabei, wobei der Vertreter aus dem Tessin, Adam Ferrari, mit Jahrgang 1990 auch die Jugend vertritt, sind doch die übrigen Vorstände praktisch alle über 50 und meist schon pensioniert. Erster Präsident ist Lukas Oberholzer, ehemaliger Präsident des Schweizerischen Motorveteranen-Clubs. Eine Liste des neuen Vorstandes findet man hier:

Vorstand SHVF

Der Vorstand unmittelbar nach der Wahl
(Foto: Martin Bertschinger)

Dank dieser optimalen Ausgangslage kann man hinsichtlich der Zukunft des neuen Dachverbandes zuversichtlich sein. Nach einem Jahr der kontraproduktiven internen Kämpfe in der FSVA sollte der neue Dachverband daran denken, dass er eine Dienstleistungsstelle für die Veteranenclubs in der Schweiz ist und sich wieder den entsprechenden Themen annehmen. Ruedi Müller, im neuen Vorstand verantwortlich für Veranstaltungen und Kommunikation, bestens bekannt als Organisator von "Oldtimer in Obwalden", hatte zum Beispiel versprochen, dass er sich im Fall einer Wahl dafür einsetzen würde, dass die Motorfahrzeugsteuern für Veteranenfahrzeuge im Kanton Zürich gesenkt werden. Wir freuen uns, wenn viele solche Themen, welche die Halter von Veteranenfahrzeugen in der Schweiz beschäftigen, nun durch den neuen Vorstand zügig bearbeitet werden.