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 Unsere erste Teilnahme an der Jungfrau-Rallye

Sylvia Jutz   

An einem regnerischen Sonntag anfangs Jahr, keine spannende Lektüre, kein interessanter Film im Fernseher und auf dem Tisch liegt eine Autozeitschrift. Aus lauter Langeweile blättere ich in der Swiss Classics und sehe die Ausschreibung zum Frauen-Rallye. Erinnere mich, dass Elisabeth und Ruedi Weber schon teilgenommen haben und frage bei Webers nach – wie ist diese Rallye? Ist das auch etwas für ein Greenhorn wie mich? Nach einigem Zögern, Besprechung mit meinem Co-Piloten und das Abwägen KANN ICH DAS? – melden wir uns an. Team Jutz-Jutz.

Jungfraurallye

Leichte Nervosität vor dem Start

Bedingungen: Die Fahrerin muss weiblich sein und das Fahrzeug muss mindestens 30 Jahre alt sein. Ich bin weiblich und unser Traction-Cabriolet hat Jahrgang 1938, wird also bald 80 Jahre alt und ist immerhin 21 Jahre älter als ich. Ruedi pflegt unser Traction-Cabi und bereitet es auf die Rallye vor. Werkzeuge, Ersatzteile, Kabelbinden (die wir später auch tatsächlich benötigen) wie auch Wasser- und Ölflaschen.
Am Donnerstagmorgen geht’s los – ab Richtung Gwatt bei Thun. Wunderschönes Wetter bis Thun, die letzten Kilometer im grössten Regen – aber Frau kennt keine Grenzen, es wird offen gefahren. Im Hotel treffen wir Elisabeth und Ruedi Weber – wir nehmen beide mit unseren Citroën Traction-Cabriolet teil.

Jungfraurallye

Mulmig wird es mir am Freitagmorgen, haben wir doch Startnummer 2. Startnummer 1 ist ein Studebaker Tourer 1916 als ältestes Fahrzeug. Dann unser Cabi mit Jahrgang 38 und mit Startnummer 3 startet Elisabeth Weber mit Co-Pilot Ruedi direkt hinter uns, da ihr Cabriolet Jahrgang 1939 hat. Im Übrigen nahmen 90 Fahrzeuge teil, ein Viertel davon reine Damenteams.

Der erste Tag lief unter dem Motto Gipfelblick – wir hatten wunderbare Sicht auf wunderbare Berge – aber wie das halt so ist, als Fahrerin hat man die Augen auf der Strasse und nicht bei den wunderschönen Ausblicken. Wir fuhren in der Jungfrauregion, anschliessend Richtung Brünig (wo wir uns das erste Mal verfahren haben) und schliesslich von Giswil hinauf auf die Mörlialp. Die Strassenbreite war nicht optimal – zum Glück herrschte relativ wenig Gegenverkehr. Bis auf einen talwärts fahrenden Mann – der weder vor- noch zurückfahren konnte und ich als Bergaufwärtsfahrerin rückwärtsfahren musste. Aber auch das meisterte ich mit Bravour.

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Oldtimerstau wegen einer gesperrten Strasse

Nach dem Mittagshalt auf der Mörlialp ging es weiter Richtung Sörenberg und zurück nach Gwatt.
Am zweiten Tag hiess das Motto Röstigraben, Fahrt durchs Simmental, über den Jaunpass zum Mittagshalt nach Gruyères. Nach dem Mittag über Rossens und Le Mouret ins Freiburger Oberland, über den Gurnigels zurück nach Gwatt.

Jeden Tag mussten wir zusätzlich zur nicht ganz einfach Navigation Spezialprüfungen absolvieren. Beispielsweise Zeitfahren – eine gewisse Distanz in einer gewissen Zeit.

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Instruktion vor der Lichtschranke

Oder mit dem rechten oder linken Vorderrat imaginäre Rösti’s überfahren
Auf einer gewissen Strecke Buchstaben suchen (wir fanden gut die Hälfte – müssen wir wohl zu einem Optiker?)

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Soeben eine weitere Prüfung erfolgreich gemeistert!

Oder dann das Fahrzeug genau in die Miete von einer Markierung lenken und vieles mehr.

Nach einem Gerücht zufolge war früher jeweils ein Psychologe dabei, der die zerstrittenen Teams wieder zusammenbrachte. Und ehrlich, Kommunikation ist absolut das Wichtigste und die richtigen Hilfsmittel dabei zu haben. Ruedi und ich haben es aber ohne Krach geschafft, zwar nicht auf den gewünschten letzten Platz  aber auch nicht viel besser.

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Mittagspause pittoresken Städtchen Gruyère

Unser Tacho liess uns etwas im Stich, war doch im Roadbook das meiste mit Pfeilen und Markierungen und Distanz angegeben. Für den Weg zum zweiten Mittagessen war eine falsche Beschreibung im Roadbook und mindestens 10 Autos suchten mit uns den richtigen Weg. Aber man hilft sich und schlussendlich genossen wir alle in Gruyères einen Rösti-Zmittag. Aufgrund unseres Alters ähhh dem Alter vom Cabriolet durften wir im Städtchen oben parkieren. Die restlichen 80 Fahrzeuge mussten unten mit dem grossen Parkplatz vorlieb nehmen. Das Alter hat doch seine Vorteile.

Am Samstagnachmittag um 16.30 Uhr kamen wir unfallfrei nach ca. 400 km im Ziel an und wurden mit einem Cüpli belohnt. Am Abend ein festliches Nachtessen im KK Thun mit Rangverkündigung.

Jungfraurallye

Ein toller, nachahmungswerter Event gehört schon wieder der Vergangenheit an.
Fragen nach Pannen? Ja unsere Gepäckhalterung (der geflochtene Koffer steht darauf) ist gebrochen, deshalb kamen unsere Kabelbinden zum Einsatz. Und – das mag mich am meisten, beim letzten Einparkieren in der Garage touchierte ich die Wand – eben mit dieser gebrochenen Gepäckhalterung – nichts passiert – aber hätte nicht sein dürfen!
Ruedi und ich hatten grossen Spass an dieser Jungfrau-Rallye und werden sicher wieder einmal teilnehmen. Eine tolle Erfahrung als Paar, als Driverin und mein Copilot hat das Ganze souverän gemeistert. Mein Kompliment und danke für das Vertrauen von Ruedi an mich als Fahrerin.

Fazit: Wäre cool wenn ein anderes Mal mehrere Damen aus dem CTAC-Club dabei wären. Elisabeth und ich freuen uns auf euch – wenn ich das kann – kann das jede Frau!