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Mein Citroën – Leben

Daniel Murmann

Die Geschichte begann schon früh in meiner Jugendzeit. Ich war gerade 13 Jahre alt, als ich auf meinem Schulweg, einen CX Familiale sah und meinem Vater, das Fahrzeug beim Mittagessen schilderte. Vater schwärmte schon lange von einem Citroën. Das seien die bequemsten und besten Autos. Die Preise für diese Fahrzeuge seien aber zu hoch, dies war früher immer die Begründung, dass Mutter mit dem ‚Traktor‘ genannten Volvo umherfahren musste.

Am anderen Tag, war die Aufregung gross. Vater hatte den silbermetallic CX gekauft. Eine neue Ära begann. Ferien mit Verwandten inklusive unserer 6-köpfigen Familie alles hatte Platz. Toll, so ein Auto muss ich auch einmal haben.
Aus einem wurde der zweite und dann war es soweit. Mit 17½ Jahren hatte ich meinen ersten Citroën gekauft. Ein CX Pallas, vom Feinsten, froschgrün metallic, braunes Leder, Hydropneumatic, elektrisches Schiebedach und Fensterheber, einfach toll. Die Zeit wurde hart. Noch zu jung für den Ausweis und die Kennzeichen schon am Wagen. Der Garagenschlüssel blieb zum Glück beim Vater. Ein Jugendlicher, der einen CX kauft ? Keinen Golf GTI ? Nein, ein Citroën musste es sein. Ich wurde nicht nur einmal gefragt, ob es nicht ein sportliches Fahrzeug sein sollte ? Nein, ursprünglich wäre es der Form wegen, eine schöne Ente gewesen, die mir immer gefallen hätte. Da dieses Tierchen meinen Informationen nach, zu dieser Zeit am Aussterben war, stiegen die Preise in Sphären, die mein Budget überschritten. Ich kaufe nur etwas, was ich direkt zahlen kann. Dies ist und war mein Motto.

 

So genoss ich die Zeit mit meinem CX und gönnte ihm nach einigen Jahren eine neue Farbschicht. Grün war es nicht mehr. Irgendwann, nach vielen Jahren trug ich ihn zu Grabe, besser gesagt in die Presse, was ich jetzt immer wieder bereue.
Nach dieser Zeit, fing ich an zu sparen, ich fuhr einen Panda und schaufelte Geld zu Seite, denn das Virus hatte mich erfasst. Ich hatte in der Zeitschrift Oldtimer Markt, einen Bericht über die CV11 und CV15/6 verschlungen, der mich nichtmehr losliess. Jetzt tat es richtig weh: Zuwenig Geld, Inserate lesen, immer noch zuwenig Geld. So wurde die Automobil Revue, meine wichtigste Zeitung. Jede zweite Woche die Oldtimerinserate. Ich verglich die Preise, das Alter innerhalb der Inserate, obschon ich hatte immer noch zuwenig Geld. Einmal rief ich auf ein Inserat an, weil es keine Preisangabe gab. Inzwischen hatte ich gerade einmal 5000.- Franken auf der hohen Kante. Beim Inserat hiess es, dass das Fahrzeug in einem Top Zustand sei, gut, man kann ja einmal fragen, kostet ja nichts.

Der Eigner wollte zuerst wissen, ob ich Händler sei, was ich ganz schnell verneinen musste. Er wollte nicht, dass seine Traction, an einen Händler geht. Er erzählte mir die Geschichte, wie er die Traction erworben hatte, sorgfältig restauriert hatte und nun den Traum, eine CV 15/6 gefunden hatte. Ich fand die Geschichte so faszinierend, dass ich noch verschiedentlich Fragen zur Fahrzeuggeschichte gestellt hatte. Ich vergass die Realität, so dass wir nie auf den Preis zu sprechen kamen. Bis mich mein Bewusstsein zurückgeholt hatte. Am Telefon wurde es still und meine Stimme sagte: So gerne ich dieses Fahrzeug hätte, ich werde es mir sicher nicht leisten können. Daraufhin fragte der Tractionist, was ich mir dann vorgestellt hätte ? Er hatte nach seinen Angaben, ca. 19'000 CHF in die Restauration investiert. Darauf gab ich nur die Antwort, dass ich nicht einmal das Geld für die Restauration hätte.

Anschliessend kam etwas, was ich in meinem Leben nie vergessen werde. Der Herr sagte mir nochmals, dass es ihm enorm wichtig ist, dass die Traction nicht in Händlerhände gelange. Er fragte mich, wieviel Geld ich zur Zeit aufbringen könne ? 5000.- Franken, die Antwort von mir war kurz. Der Herr machte mir das Angebot meines Lebens: wenn ich die 5000.- zahlen würde, könnte ich den Rest abstottern. 100.- Franken jeden Monat oder auch nur 50.-, es wäre ihm egal. Er würde auch nur den Preis für die Restauration berechnen. Quasi Zinsloses Darlehen auf unbestimmte Zeit. Er sei nicht auf Geld angewiesen, er wolle, dass jemand Freude an dem Citroën hat.
Mein Herz hielt an, sowas hatte ich noch nie gehört. Unglaublich... es riss mich hin und her. Das Herz, das Gehirn, meine Lebensphilosophie.... ich erlebte einen richtigen Sturm. Ich kaufe nur etwas, was ich direkt zahlen kann. Es kam zurück, ich weiss nicht warum, doch nicht jetzt. So war’s. Dies habe ich dem Herrn gesagt und schon 1000 Mal bereut. Den Namen des Herrn, musste ich vergessen, was er getan hat, werde ich nie vergessen. Ich hoffe, dass er bei Euch im Club ist.
Mein Sparerfolg ging weiter, obwohl ich nicht am Hungertuch nagte. Irgendwann, es war das Jahr 1990, hätte ich’s bald geschafft. Doch was geschah jetzt. Einen Anruf von meinem Cousin und ich war drei Monate später in Australien. 3 Monate unterwegs, Traumland für Oldtimers. Der Gedanke an den Citroën Traction Avant war immer präsent, gesehen hatte ich nur andere schöne Fahrzeuge und nach 3 sehr schönen Monaten war das Geld dann auch weg. Die Erinnerungen blieben und ich wurde vom zweiten Virus angesteckt. Reisefieber.
In den vielen Jahren, träumte ich immer von einer Traction. Ich war richtig krank. Ich besuchte Oldtimermärkte, Auktionen usw. Ein Buch und einige Modelle, waren alles, was ich gekauft hatte. Mein Fernweh, verlangte auch seinen Beitrag. Der Trost war, dass ich immer noch ein Auto kaufen kann. Irgendwann...


Als ich dann meine Traumfrau traf, war es Liebe auf den ersten Blick. Sowas gibt’s nur im Film, dachte ich. In der Lenzerheide, in einem kleinen Studio, war ich noch zu einem Schlummertrunk eingeladen worden. Was sah ich da: Auf einem Möbel stand Foto einer weissen Traction Avant mit Solothurner Nummernschild, daneben das Mädchen, dass nun meine Frau ist. Ich dachte, mich verlässt der Menschenverstand, als ich realisierte, dass ich das Mädchen wegen der Traction ausgefragt hatte und nicht mehr aufhören konnte. Zum Glück war Sie auch schon vom Virus infiziert und nahm es gelassen.
Drei Jahre später wollten wir vor den Traualtar. Wie es im Wallis so ist, es werden schon einige Leute eingeladen und zu organisieren gibt es auch etwas. So waren wir auch froh, dass soviele Leute mitgeholfen haben. Meine Geschwister und ein Cousin, teilten uns mit, dass der Hochzeitswagen schon organisiert sei. Was kann es wohl sein ? Für Daniela und mich war es klar. Eine Traction Avant, sicher...

 

Am Tage der Hochzeit, waren wir auch zur rechten Zeit aufgestanden, da wir den Fototermin vor der Feier in der Kirche hatten. Wir warteten auf den Wagen, als mein Cousin, mit dem Hochzeitswagen vorfuhr. Was war das ? Ein geschmückter Citroën Visa, der auch in Italien keine Zulassung mehr erhalten hätte ! Der Motor lief, die Bremsen funktionierten und das war alles. Als ich die U-Nummer sah, war für mich auch klar, dass hier noch ein Mittäter im Spiel war. Und das Gefährt fuhr zurück zur letzten glanzvollen Fahrt. Die Citroën-Garage Lüthi Bernhard in Naters, war das Ziel. Dort wartete unser Traum. Der Garagier selber, half dem Chauffeur, das Auto noch fertigzustellen, denn der Weg aus dem Emmental, hatte einige Spuren von Kleingetier hinterlassen. Es war perfekt. Eine Traction Avant Large CV11, schwarz, was brauchst Du mehr ? Wir bestiegen zittrig das Fahrzeug, als uns der Chauffeur in Smoking und Zylinder, die Türe öffnete. Die Fahrt zum Fototermin, ins Bitschji oberhalb Naters, genossen wir wie im Märchen. Das Geräusch des Motors, die Autofahrer, die und hupend entgegenfuhren, die lange Kolonne Autos, die geduldig hinter der Traction den Berg hinaufkurvten.
Es war ein Gefühl, dass in diesem Moment nicht schöner sein konnte. Meine Frau und ich, in einem Auto, dass unser beider Traum ist. Beim Fototermin, durften die speziellen Bilder dann auch nicht fehlen. Wir freuten uns dann irrsinnig, als die Traction, den letzten für uns sehr wichtigen Weg, hinaufgekämpft hatte. Wir wussten es alle, dass es ein Traum sein würde. Wir erreichten Blatten oberhalb Naters und die letzten Meter auf dem kleinen Kopfsteinpflasterweg, bis zur Kapelle, hätte die Heimat dieses Fahrzeuges sein können. Die Zeit stand für uns still.
Ein grosser Traum von Daniela und mir, wurde von unseren Geschwister und dem Cousin (der mich nach Australien mitzog) erfüllt. Die Trauung war ein einmaliges Erlebnis und die anschliessende Fahrt zum Restaurant, mit 30 Fahrzeugen im Schlepptau, die mit ca. 25 km/h von Blatten nach Naters fuhren, war toll. Mir fehlen die Worte.
Heute, Juni 2002, erwarten wir unser 3. Kind. Die zwei Jungs, Sebastian und Raphael, hören immer, wenn der Vater sagt: Citroën, dass sind die bequemsten und besten Autos, die es gibt. Eine Traction Avant, sieht so aus und ist das schönste Fahrzeug für mich. Nur leider sind sie im Moment viel zu teuer für uns. Aber irgendwann...

Ich denke an Euch

Daniel Murmann
Oele
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