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Die Revision eines Citroën AC4F Motor

Benjamin und Hansueli Streit

Ausbildung am Citroën AC4 Motor

Seit einigen Jahren hat sich das Reparatur-Handwerk im Fahrzeugbereich stark verändert. Hatte man bis zirka Ende des letzten Jahrhunderts noch arbeitsintensive Reparaturen und Revisionen durchgeführt, kam im neuen Jahrtausend die Tendenz immer deutlicher zum Vorschein, dass nicht mehr das Material der kostenspillerige Teil darstellte, sondern nun die Arbeit respektive der Zeitaufwand den Kostenfaktor bestimmt. Komplette Motor-, Getriebe- sowie Achsrevisionen sind speziell im Automobil- und Nutzfahrzeugsektor selten gewordene Arbeiten, meist werden solche Komponente intern zum Hersteller zurückgeschoben und dort werksintern revidiert, während dessen ein Austauschbauteil eingebaut wird (werksrevidiert oder neu ab Produktion).

Der Landmaschinensektor ist glücklicherweise noch nicht so stark von dieser Entwicklung betroffen, Revisionsarbeiten finden dort noch öfter statt, ein Grund dafür ist die wesentlich längere Betriebszeit eines Traktors gegenüber eines Lastwagens. Lastwagen werden heute oft nach ca. 8 Jahren ausrangiert, sie entsprechen dann meist nicht mehr der aktuellen Abgasnorm, was höhere Abgabekosten verursacht, zusammen mit der meist hohen Laufleistung kann dann ein grösserer Defekt welcher hohe Reparaturkosten nach sich zieht, zum Ausrangieren des Fahrzeuges führen. Insgesamt muss man aber auch sagen, dass besonders im Nutzfahrzeug- und Landmaschinenbereich die einzelnen Komponenten und somit die Fahrzeuge qualitativ hochwertige Konstruktionen sind. Dies hat ebenfalls dazu bei getragen, dass grosse Reparaturen und Revisionen rückläufig sind.

Ein negativer Effekt dieser immer weniger werdenden Revisions-Arbeiten, ist die nun selten gewordene Gelegenheit, junge angehende Fachleute dafür auszubilden. Hinzu kommt, dass sehr viele Firmen ihre eigenen höchst kompetenten Lehrwerkstätten abgeschafft haben und nun die praktische Grundausbildung einem Verband übergeben, welcher dies, zentralisiert an einem Ort in so genannten „überbetrieblichen Kursen“ durchführt. Für die Firmen ist dies ein finanzieller Gewinn, müssen sie doch keine kostenintensive Lehrwerkstatt mit eigenem Lehrmeister unterhalten, sondern können die Lernenden zu genau bekannten und zeitlich begrenzten Kursen abgeben. Diese meist relativ kurze, sehr intensive Zeit reicht oft nicht aus, damit die Lernenden sorgfältig ausgebildet werden können. Erschwerend kommt dann hinzu, dass das eigentlich neu gelernte und meist erstmals vermittelte Reparatur- und Revisionshandwerk aus diesen Kursen nicht direkt im Lehrbetrieb angewendet werden kann, da wie gesagt diese Arbeiten nicht mehr oft durchgeführt werden.

Diese Entwicklung hat mich und meinen Vater dazu veranlasst, einen eigenen Motorrevisions-Kurs durchzuführen. Das Objekt hierfür war ein Citroën C4 Motor, welcher mein Vater ohnehin revidieren wollte.

Die Kursteilnehmer stammten alle aus meinem Freundeskreis, dies waren:
Daniel Keller, 18 Jahre jung, Landmaschinenmechaniker im 2. Lehrjahr
Bruno Sauter, 17 Jahre jung, Automobil-Mechatroniker Nutzfahrzeuge im 3. Lehrjahr
Ronny Kiefer, 22 Jahre alt, gelernter Polymechaniker und stark interessiert an Hubkolbenmotoren.

Mein Vater führte den Revisions-Kurs an zwei Samstagen durch, im oblag die operative Leitung. Ich sorgte ausschliesslich für Organisation und Fotos. Die drei Kursteilnehmer schätzten sich äusserst glücklich über den Kurs, und meinen viele wichtige Informationen, Erfahrungen und Tipps mitgenommen zu haben.

Benjamin Streit


Die Montage inklusive Probelauf eines Citroën Motors AC 4F Jahrgang 1930


Erster Kurstag

Der Motor hatte einen starken Kolbenschaden. So habe ich mich entschlossen, eine Totalrevision durchzuführen. Am ersten Kurstag im Oktober 2015 begannen wir damit, den Kolben auf die Pleuelstangen zu montieren, sowie die Laufspiele der Pleuel zur Kurbelwelle zu eruieren und das Stossspiel der Kolbenringe zu messen. Danach wurden die Kolben in die Zylinder eingebaut. Da wir in einer Vierergruppe waren, konnte ich alles problemlos vorzeigen, und jeder der Jungmechaniker konnte es nachmachen. Danach haben wir die Nockenwelle eingebaut und ebenfalls das Laufspiel kontrolliert, bzw. eingestellt. Danach wurde die Kurbelwelle mit Lagern eingebaut und wieder die Lauspiele nachgemessen. Diese Schritte sind äusserst wichtig, da es die Lebensdauer des Motors gewaltig erhöht. Nachdem der Kurbeltrieb zusammengebaut war, montierten wir die Steuerräder, welche für das richtige Funktionieren genau zu einander positioniert werden müssen. Alternative Messmethoden für das Timing wurden vorgestellt, so dass jeder in der Lage ist, bei fehlenden Markierungen trotzdem Erfolg zu haben. So schnell geht ein Kurstag vorbei...

Zweiter Kurstag

Für den zweiten Kurstag habe ich einige Vorarbeiten geleistet: Ölpumpe, Ölwanne, Ansaug- und Auspuffkrümmer montiert, sowie einen provisorischen Auspuff angefertigt.

Nach Eintreffen der Teilnehmer wurde zuerst repetiert und allfällige Fragen geklärt. Dann erfolgte die Montage der Ventile, es hat genug für jeden. Danach neues Messen der Steuerzeiten, Anbringen von Markierungen. Montage des Zylinderkopfs und des Zündverteilers. Einstellen der Zündung und deren Funktion erklären. Montieren des hinteren Motorträgers mit Schwungrad. Stimmen unsere Markierungen mit denen von Citroën überein? Einen Kontrolldorn ins Trägergehäuse einstecken, er findet die Bohrung im Schwungrad, unsere Markierungen am Steuergehäuse stimmen ebenfalls, also müsste der Motor laufen. Gemeinsam haben wir den Motor auf eine Palette aufgebaut und meine provisorische Kühlung angebaut. Dann „START“ und sofort macht es brumm, rundherum zufriedene Gesichter mit Staunen vermischt. Der Motor lief dann etwa eine Stunde auf der Palette, danach haben wir ihn zufrieden in die Garage gestellt und den Kurstag fröhlich mit einem Feierabendgetränk abgeschlossen.

In der Folgewoche habe ich den Motor konserviert und lackiert. Nun wartet er auf den Einbau, für welchen ebenfalls vorgesehen ist, ihn im Frühling mit den drei Jungmechanikern durchzuführen.

Ich wünsche den jungen Mechanikern viel Befriedigung und Erfolg in ihrem Beruf und vergesst die alten „Citroëns“ nicht.

Hans-Ulrich Streit

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