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Lebenswichtige Hinweise für die Arbeit an Bremsen

Gefährliche Basteleien durch Profis und Hobby-Schrauber an den Bremsen
von 4-Zylinder-Tractions! Teilweise auch zutreffend für 6-Zylinder-Modelle

Daniel Eberli

Siehe zum gleichen Thema den Artikel „Und immer wieder die Bremsen“ auf der CTAC-Webseite. www.tractionavant.club/Berichte/Technik/bremsen/wartung.php

Die wichtigsten Punkte in Kurzform


Wer denkt, für ihn hätten diese Ratschläge keine Gültigkeit, sollte unbedingt sicherstellen, dass auf alle Fälle seine Hupe richtig funktioniert – und für genügend Versicherungsschutz (Haftpflicht, Kasko, Lebensversicherung) sorgen.

Die Details

In den vergangenen sechs Monaten bin ich mit erschreckender Häufigkeit mit gefährlichen Basteleien an Bremsen vonTractions konfrontiert worden. Gemeinsam war bei diesen Fällen, dass nicht der Wagenbesitzer selbst an den Bremsen manipuliert hatte, sondern dass er sein Auto – im Vertrauen auf das Fachwissen des Profis – in die Werkstatt seines Alltagsautos gebracht hatte. Offensichtlich sind heutzutage jedoch viele Profi-Mechaniker überfordert, wenn es um unsere alten Fahrzeuge geht. Leider erachten sie es in der Regel nicht als nötig, sich per Handbuch oder im Internet „schlau“ zu machen. Sie wollen sich ja keine Blösse geben, sondern gehen davon aus, dass sie das Problem schon lösen können.

Es ist wichtig, dass die Bremsen unserer Tractions regelmässig und vorbeugend gewartet werden müssen. Das Gefühl, „es bremst ja, also ist alles in Ordnung“, ist leider insofern falsch, als dass dann, wenn die Bremsen einseitig oder schlecht ziehen, bereits ein teurer Schaden entstanden ist. Dies gilt besonders auch dann, wenn nur wenige Kilometer im Jahr gefahren werden. Selbstverständlich werden dann die Bremsbeläge nur wenig abgenutzt, die Bremsflüssigkeit nimmt jedoch auch im Stand Kondenswasser auf. Wasser in der Bremsflüssigkeit senkt deren Siedepunkt, was bei hoher Beanspruchung – zum Beispiel bei einer Pässefahrt – die Wirksamkeit der Bremsen bis zum Versagen beeinträchtigen kann.

Nun sagt sich wohl der Wenigfahrer – zu Recht – dass er ja keine Pässe fahre. Richtig. Nur ist Wasser schwerer, als die Bremsflüssigkeit. Es sammelt sich deshalb an der tiefsten Stelle der Bremsanlage, das heisst, in den Radbremszylindern. Dort rosten – besonders bei langen Standzeiten - die Kolben fest. Zwar vermag sie der Fahrer mit seiner Kraft beim Betätigen des Bremspedals wieder loszureissen, doch leidet dabei die Oberflächenqualität des Bremszylinders. Die Gummiteile vermögen nicht mehr richtig abzudichten, und die Bremsflüssigkeit gerät nach und nach in die Staubmanschetten. Dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Flüssigkeit in die Bremstrommel tropft, und von dort auf die Bremsbeläge verteilt wird. Diese werden glasig, und die Wirksamkeit lässt nach. Da dies in der Regel nicht symmetrisch passiert, ziehen die Bremsen einseitig, und erst jetzt merkt der Fahrer, dass etwas nicht in Ordnung ist. Da aber nun auch die Bremsbeläge – und oft sämtliche Radbremszylinder – ersetzt werden müssen, wird die Reparatur ganz schön kostspielig.

Aus diesem Grund empfehle ich, alle zwei Jahre die Bremsflüssigkeit zu wechseln und bei dieser Gelegenheit den Zustand der Bremsbeläge sowie der Radbremszylinder zu überprüfen. Wer dies nicht selbst machen kann, sollte dies unbedingt durch jemandenmachen lassen, der sich mit Tractions auskennt und das richtige Werkzeug hat. Die VW, Opel, Volvo oder was-auch-immer-Vertretung richtet leider oft mehr Schaden an, als dass sie Gutes tut. Leider gilt dies auch für Citroën-Vertretungen, sofern sie nicht bereits vor 50 Jahren existierten, einen Mitarbeiter haben, der die alten Autos noch kennt – und das dazu gehörende Werkzeug nicht längst auf dem Alteisen gelandet ist.

Die ersten Schwierigkeiten beginnen bereits beim Lösen der 38-er Mutter, welche die Bremstrommel auf der Antriebswelle festhält. Vorausgesetzt, die Wellen wurden nicht zu einem früheren Zeitpunkt einmal falsch montiert, hat diese Mutter bei der Antriebswelle auf der linken Seite ein (normales) Rechtsgewinde, auf der rechten Seite jedoch ein Linksgewinde. Es lohnt sich auf alle Fälle, die Mutter und den Wellenstummel genau anzuschauen. Ich habe schon Autos gesehen, die hatten zweimal ein Rechtsgewinde oder zweimal ein Linksgewinde, oder das Linksgewinde sass auf der linken Seite, wahrscheinlich, weil es bei den Radschrauben früher häufig auf der linken Seite ein Linksgewinde hatte. „Moderne“ Mechaniker scheinen auch nicht mehr zu wissen, dass Muttern mit Linksgewinde mit einer Markierung an den Kanten versehen sind.

Linksgewinde

Die Mutter links im Bild hat ein Linksgewinde und ist entsprechend markiert, die Mutter rechts hat keine Markierung und hat somit ein „Normalgewinde“.

 Zum Abziehen der vorderen Bremstrommeln der 4-Zylinder-Modelle muss unbedingt das Citroën-Werkzeug 1750-T verwendet werden. Allenfalls noch eine „Light-Version“, wie sie im Bild oben zu sehen ist. Ich führe die leichte Version jeweils auf Fernreisen in der Werkzeugkiste mit, falls jemand Probleme mit den Bremsen haben sollte. Die schwere Version unten umfasst den Hals der Bremstrommel mit zwei Halbschalen, welche durch einen Ring daran gehindert werden, abzurutschen.

Zwingend ist auf alle Fälle, dass ein Werkzeug verwendet wird, das die Bremstrommel an der Nut im Nabenbereich fasst. Ein handelsüblicher Abzieher, der an den Radschrauben oder am äusseren Rand der Trommel zieht, beschädigt die Bremstrommel bis hin zur Zerstörung. Ich habe ein Musterexemplar von einem der Teilnehmer meiner Kurse bekommen, das ein Profi-Mechaniker mit einem falschen Abzieher herunter gerissen hat (jeder andere Begriff wäre unzutreffend!). Anfänglich hatte er damit keinen Erfolg, bis er mit dem Schweissbrenner die Trommel im Zentrum heizte. Schliesslich gab die Trommel nach - und ist nun an zwei Stellen gerissen! Der Mechaniker hat den einen Riss sogar noch geschweisst. (Vielleicht hat er den zweiten gar nicht gesehen…).

Riss im Bremszylinder

 

Ich brauche wohl nicht extra zu erwähnen, dass diese Trommel nicht mehr am Fahrzeug verwendet werden kann und nur noch als Demonstrationsmodell dient. Ich habe deshalb mit einer Trennscheibe einen Viertel herausgeschnitten.

Schnitt durch Bremstrommel

Schnitt durch Bremstrommel

Beim obenstehenden Bild ist erkennbar, dass die Bremstrommel nur auf den äussersten und den innersten 1½ Zentimeter auf dem Konus aufliegt. Dies ist bewusst so konstruiert. Beim nachfolgenden Bild habe ich die 38-er Mutter aufgesetzt. Wie man sieht, handelt es sich um eine Mutter mit Linksgewinde, und demnach um eine Antriebswelle von der rechten Seite.

Schnitt durch Bremstrommel

Es ist unbedingt notwendig, dass sowohl die Oberfläche des Konus der Antriebswelle, als auch die Innenfläche des Konus der Bremstrommel in gutem Zustand ist. Die Übertragung der  Antriebskraft geschieht nur über die Klemmfähigkeit dieser Konusverbindung. Es gibt zwar einen sogenannten „Woodruff“-Keil, doch dient dieser nur dazu, dass die Bremstrommel jedes Mal in der gleichen Position montiert wird. Er ist nicht in der Lage das Drehmoment aufzufangen. Wenn die Konusverbindung ungenügend stark ist, wird der Keil nach kurzer Zeit abgeschert, und die Antriebswelle rutscht durch. Dadurch entstehen sowohl an der Antriebswelle, als auch an der Bremstrommel Schäden, welche einen teuren Ersatz der beiden Teile nötig machen.

Zudem musste bereits mehrfach festgestellt werden, dass neue Woodruff-Keile zu hoch sind. Dadurch kanndie Bremstrommel auf dieser Seite gar nicht auf den Konus aufliegen, sondern sie liegt auf dem Keil. Die Trommel ist dann leicht exzentrisch montiert und die Kraftübertragung ist nicht mehr gegeben, was bei der ersten grösseren Kraftprobe zum Abscheren des Keils führt. Ein zu hoher Keil muss bei der Montage bearbeitet werden, damit er oben etwas Luft hat.

Ein weiteres Problem ergibt sich, wenn der Konus schon etwas abgenutzt (durch Nachbearbeitung nachdem er durchrutschen konnte) oder das konische Loch in der Bremstrommel durch den gleichen Vorgang etwas zu gross ist. Dann können zwei verschiedene Phänomene ein sicheres Anziehen der Bremstrommel verhindern:

Ein anderes Fahrzeug kam zu mir, weil es dem Mechaniker nicht gelungen war, die Differenz zwischen der linken und der rechten Bremse hinten auf ein Mass zu verringern, welches vom Strassenverkehrsamt Winterthur akzeptiert wurde.

 Ich stellte dann fest, dass es offensichtlich auch diesem Mechaniker ebenfalls nur mit grössten Schwierigkeiten, gelungen war, die vorderen Bremstrommeln zu demontieren. „Klug“ geworden, wollte er sicherstellen, dass dies „nächstes Mal“ leichter geht. Deshalb fettet er die Konusse grosszügig ein… Es wäre eine Frage der Zeit gewesen, bis einer der Keile abgeschert worden und die Antriebswelle in der Bremstrommel durchgerutscht wäre. Da zudem zwei Antriebswellen mit Linksgewinde montiert waren, hätte dies allenfalls dazu führen können, dass durch die Drehung die 38-er Mutter losgeschraubt worden wäre, worauf ein Vorderrad zusammen mit der Bremstrommel das Weite gesucht hätten.

Die Ursache für die einseitig ziehenden Bremsen lag allerdings anderswo: Offensichtlich war dem Mechaniker nicht aufgefallen, dass die Bremsbacken an den Drehpunkten mit Exzentern versehen sind, was erlaubt (aber auch nötig macht…), dass die Bremsbacken vor der Montage der Bremstrommeln eingestellt und auf die Trommeln angepasst werden. Da die Bremsbeläge nicht über die ganze Fläche die Bremstrommel berührten, war die Bremsleistung links und rechts unterschiedlich.

Zum Ausmessen der Einstellung der Bremsbacken gibt es wiederum ein Spezialwerkzeug – oder man kann mit Kreidestrichen auf den Bremsbelägen feststellen, wo diese anliegen. – Ein etwas zeitraubendes, aber durchaus erfolgversprechendes Verfahren.

Das nachfolgende Bild zeigt eine rechte hintere Bremse, welche ich für meine Kurse als Demonstrationsmodell zurecht gemacht habe. Die Muttern, welche die unteren Exzenter festhalten, sind gelbgrün markiert.

Bremse rechts hinten

Die bekannten Teilehändler führen Bremsbeläge zum Aufnieten im Programm. Ich finde es allerdings besser, die Beläge durch eine Spezialfirma wie Derendinger, Hostettler etc. aufkleben zu lassen. Gibt man dabei die Bremstrommeln mit, können die Beläge auf den Radius der Bremstrommeln eingeschliffen werden. In den letzten Jahren verzichtet man bei den oben genannten Firmen leider – wohl aus Kostengründen – darauf, die Bremsbeläge an den An- und Ablaufkanten anzuschrägen. Ich mache dies jeweils nachträglich mit einer Feile oder dem Winkelschleifer, weil ich überzeugt bin, dass damit die Neigung zum Schütteln reduziert werden kann.

Wichtig ist, dass darauf hingewiesen wird, dass die Trommeln NICHT ausgedreht werden sollen. In der Regel genügt es, diese mit einem Schleifpapier auszureiben. Mit jedem Ausdrehen nimmt die Wandstärke ab und damit die Neigung der Trommel,sich zu verziehen, zu.

 Ersetzt man übrigens die Beläge der hinteren Bremsen, darf man nicht vergessen, die Handbremsseile länger zu machen. Sonst wirken sich diese aus, als ob die Handbremse angezogen wäre – und dann lassen sich die Bremstrommeln nicht mehr montieren…

Erst ganz am Schluss stellt man mit den oberen Exzentern von aussen die Bremsbacken so nahe wie möglich an die Trommeln, damit der Pedalweg auf ein Minimum beschränkt wird.

Beim Entlüften der Bremsen muss darauf geachtet werden, dass das Bremspedal nur im „Normalbereich“ bewegt wird. Drückt man es bis zum Bodenblech durch, kommen die Gummiteile innerhalb des Zylinders in einen Bereich, der Flugrost haben könnte. Dadurch können die feinen Gummilippen beschädigt werden, so dass sie nicht mehr richtig dichten. Dies kann zu einer Verringerung der Pedalwirkung führen, mit der Zeit auch zu Flüssigkeitsverlust. Untenstehend ein aufgeschnittener Hauptbremszylinder.

Hauptbremszylinder

Bremsleitungen altern. Die alten Bremsleitungen unserer Tractions hatten einen hohen Eisenanteil und rosten deshalb. Regelmässige optische Kontrolle ist deshalb empfohlen.

 Bei den Gummiverbindungen versprödet der Gummi und es entstehen Risse. Bis solche Risse wirklich zu einem Verlust von Bremsflüssigkeit führen, dauert es sehr lange. Gefährlicher ist indessen, dass der Gummi auch aufquellen kann, wie im nebenstehenden Bild zu sehen ist. Der Hohlraum für die Flüssigkeit ist praktisch verschlossen. Zwar lässt sich mit dem Pedaldruck immer noch Bremsflüssigkeit durchpressen und damit eine Bremswirkung erzielen. Hingegen ist die Kraft der Rückzugsfedern an den Bremsbacken zu gering, so dass die Bremsen nicht mehr lösen. Die Bremsen erhitzen, was zu Schäden – bis hin zu Reifenplatzern – führt.

Leider musste ich feststellen, dass zum Teil von Händlern ein Ersatzschlauch für die Verbindung an die Hinterachse angeboten wird, der zu lange ist. Dies führt dazu, dass er geknickt wird, was die gleiche Wirkung hat, wie oben beschrieben…

In einem englisch-sprachigen Forum gab es kürzlich eine längere Diskussion zum Thema „Wheelfell off“ (Rad fiel ab). Es ist bekannt, dass es leider immer wieder Fälle gibt, bei denen bei einer 4-Zylinder-Traction eine Antriebswelle bricht. Auf Grund der Beobachtungen, welche ich in diesem Artikel erwähnt habe, bin ich inzwischen zur Überzeugung gelangt, dass das Problem wohl nicht bei nachgefertigen Antriebswellen zu suchen ist, sondern ich vermute die Ursache bei den Bremstrommeln – und da ganz konkret bei der Bearbeitung mit falschen Abziehern. Nach meinen Überlegungen wird mit einem falschen Abzieher der innere Ring der Bremstrommel, welcher auf dem Konus der Antriebswelle aufliegt, ausgeweitet. Dadurch entsteht eine verringerte Auflagekraft, welche dazu führt, dass ein Biegemoment auf die Antriebswelle wirkt, welches zu Materialermüdung und schlussendlich zum Bruch der Welle im Bereich des äusseren Auflageringes der Bremstrommel führt.

Hier ist der Link zum Forum: http://autos.groups.yahoo.com/group/TA-L/. Hans Georg Koch, der Redaktor des CTAC-Magazins, sammelt Fälle und Berichte zum Thema Antriebswellen-Brüche. Er möchte versuchen, dem Phänomen auf den Grund zu gehen. Auch Kurt Gasser hat sich bereits mit dem Thema befasst.