zurück

Und immer wieder die Bremsen…

Schäden wegen ungenügender Wartung

Text und Bilder: Daniel Eberli

Am letzten Clubtreffen 2008 klagte mir ein Teilnehmer, der nicht allzu weit von mir wohnt, dass die Bremsen seiner Légère ungleichmässig ziehen, und er fragte mich, ob ich ihm die Bremsen mal anschauen und besser einstellen könnte. Schon damals äusserte ich mich dahingehend, dass ich wüsste, wie die Bremsen aussähen, und dass das Problem erfahrungsgemäss nicht mit Einstellen zu lösen war.
Es wurde Frühling, bis der Kollege vorbei kam, und bei der Bremsprobe zeigte sich sofort, dass das Fahrzeug tatsächlich massiv auf die rechte Seite zog. Dem Drängen des Besitzers gab ich schliesslich nach, und ich willigte ein, ihm zu helfen. Der Besitzer war etwas erstaunt, als ich meine Agenda zückte, um einen freien Tag zu finden, ohne die Bremsen geöffnet zu haben. Ich erklärte ihm, ich wüsste genau, wie die Bremsen aussähen.
Am vereinbarten Tag kam der Besitzer mit seinem Auto vorbei, und ich muss gestehen, dass ich mich getäuscht hatte: Die Bremsen sahen nicht so aus, wie ich gedacht hatte, sondern noch schlimmer…
Beim linken Vorderrad zeigten Spuren von Bremsflüssigkeit an, dass ein kompletter Austausch Überholung der Radbremszylinder sowie ein Ersatz der verölten Bremsbeläge angesagt waren.
Nach dem Abziehen der vorderen Bremstrommeln (natürlich mit dem dafür notwendigen Spezial-Abzieher) und der Demontage der hinteren Bremstrommeln war klar, dass ein erheblicher Aufwand nötig sein würde, um die Bremsen wieder in Ordnung zu bekommen. Bei sämtlichen Bremszylindern brachte das Anheben der Staubmanschetten eine rostig-braune Sosse an's Tageslicht, und von den Kolben liess sich nur noch ein kleiner Teil ohne Gewalt bewegen.



Szenenwechsel: Reparatur- und Servicekurs vom 1./2. Mai 2009

Beim 1. der beiden Reparatur- und Servicekurse für Anfänger, die ich im Mai 2009 durchführte, war das 1. Fahrzeug, welches wir für den praktischen Teil der Schulung über meine Grube fuhren, eine 11 Normale. Bei der routinemässigen Überprüfung der Vorderradaufhängung stellte ich zusammen mit meinen "Schülern" fest, dass die linke Bremse nicht richtig löste. Der Versuch, mit Hilfe der Exzenter die Beläge etwas weiter zurück zu stellen, zeigte keine Wirkung. Nach kurzer Diskussion entschieden wir uns, der Sache auf den Grund zu gehen. Wir entfernten die Bremstrommel mit dem Abzieher und stellten fest, dass einer der beiden Kolben im Bremszylinder festsass und dass auch hier eine rostbraune Sosse unter der Staubmanschette zum Vorschein kam. Immerhin war noch keine Flüssigkeit auf die Bremstrommel getropft, und die Bremsbeläge waren ebenfalls noch trocken.
Als erstes entfernte ich die Spiralfeder, welche die Bremsbacken zurück zieht, und verhinderte dadurch, dass im Bremszylinder ein Druck entstand.

Dann klemmte ich mit einer Spezialklemme den Gummischlauch, welcher von hinten zum Radbremszylinder führt, ab, so dass keine Flüssigkeit austreten konnte. Anschliessend löste ich die Bremsleitung am Bremszylinder so weit, dass sie sich von Hand weiter lösen liess. Dann entfernte ich die Hohlschraube der Entlüftung und die M6-Schrauben, welche den Bremszylinder an der Bremsplatte festhalten. Nun konnte ich durch Drehung den Bremszylinder ganz von der Leitung schrauben, ohne dass diese in sich verdreht wurde.
Auf der Werkbank leerte ich die im Zylinder verbliebene Flüssigkeit weg und zerlegte ihn in seine Einzelteile: Staubmanschetten, Kolben, Gummiteile und die Feder, welche die Kolben nach aussen drückt. Danach reinigten wir die Teile und inspizierten sie.
Sowohl die Kolben, als auch der Zylinder wiesen Rostspuren auf. Immerhin waren die Teile nicht sehr stark befallen, so dass wir die Kolben mit feinem Schleifpapier und die Zylinder mit Honsteinen bearbeiten konnten, bis die Oberfläche wieder einwandfrei war.
Beim Zusammenbauen bestrich ich die Zylinder-Innenfläche, die Gummiteile und die Kolben mit "Bremszylinder-Paste" von Ate, mit der ich beste Erfahrungen gemacht hatte. Die Kolben spielten nun wieder wie neu, und wir bauten die Bremsteile in umgekehrter Reihenfolge wieder
zusammen, nicht ohne vor der Montage der Bremstrommel den Konus der Antriebswelle sowie das Gegenstück in der Bremstrommel mit Verdünner gereinigt und entfettet zu haben.
Wir entlüfteten die Bremse und kontrollierten den Stand der Bremsflüssigkeit im Vorratsbehälter.
Mit der Aufforderung an den Wagenbesitzer, auch die übrigen Bremszylinder zu überprüfen, die Bremsflüssigkeit zu wechseln und der Bremse vorne links besondere Aufmerksamkeit zu widmen, weil für eine korrekte Überholung der Bremszylinder neue Gummiteile hätten verwendet werden müssen, entliessen wir den Wagenbesitzer.



Fazit:

Viel zu häufig kommt es vor, dass den Bremsen unserer alten Autos zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird.

Zur Information: Ein neuer Bremszylinder vorne für den 11CV kostet ca. Fr. 80.- . Für den Six bezahlt man ungefähr das Doppelte, aber dort es braucht pro Seite je zwei Stück!
Ein hinterer Radbremszylinder schlägt bei allen Typen mit ca. Fr. 80.- zu Buche.

Nicht umsonst weise ich in den Tipps zum Einmotten und Ausmotten, welche ich jeweils anlässlich meiner Reparatur- und Servicekurse abgebe, auf die Wichtigkeit hin, die Bremsanlage regelmässig zu warten und auf Unregelmässigkeiten wie schlecht lösende Bremsen (und damit warm werdende Felgen) zu achten. Zeigen sich erst einmal Spuren von Bremsflüssigkeit am Reifeninneren, wird's bereits teuer.
Unabhängig davon, ob jemand dank guter Kenntnisse und der Verfügbarkeit des nötigen Spezialwerkzeuges selbst für den Unterhalt der Bremsen besorgt ist oder dafür seinen Wagen einem Fachbetrieb überlässt: Wenn die Bremsanlage nicht regelmässig inspiziert und gewartet wird, rächt sich dies durch Schäden, welche weit höhere Kosten verursachen und allenfalls zu gefährlichen Situationen und sogar Unfällen führen können!