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Castor Tronco Inductus Vulgaris
Der gemeine Antriebsstummelbiber
Dr. A.C. Traction
Nach langen Jahren der schriftstellerischen Absenz (die Arbeit, die Arbeit…) ist es mir heute ein Bedürfnis, Sie wieder einmal über den Stand meiner Forschungsarbeiten zu informieren.
Als anerkannter Biologe habe ich erst kürzlich eine Untersuchung abgeschlossen, welche weltweit Aufsehen erregt hat. Es handelt sich um die Entdeckung des Castor Tronco Inductus Vulgaris, zu Deutsch: Antriebsstummelbiber (wobei das "vulgaris" = "gemein" durchaus wörtlich genommen werden kann).
Bislang war lediglich die Paradontose Pignonius Tractionalis (Zahnausfall bei Kegelrad der Traction) bekannt, welche in ihren Auswirkungen in der Praxis zum Verwechseln ähnlich ist, aber völlig andere Ursachen hat.
Ein für mich glücklicher Umstand bescherte mir ein Studienobjekt gewissermassen direkt vor die Haustüre, indem die Rosalie meines Nachbarn trotz laufendem Motor und eingelegtem Gang nur noch durch Einwirkung von Aussen in Form von kräftigem Schieben vom Platz zu bewegen war.
Was für meinen Nachbarn ein unglückliches Ereignis darstellte und seine Rosalie für Wochen in die heimische Scheune fesselte, weckte natürlich den Forscher in mir. Zuerst schloss ich – wie es wohl auch die meisten meiner Kollegen getan hätten – auf einen Fall von Paradontose Pignonius Vulgaris, direkt verwandt mit Paradontose Pignonius Tractionalis,. Beides hat seinen Ursprung in der Regel von unentdeckter Karies. Der kritische und wissensdurstige Mensch in mir konnte sich jedoch nicht mit diesem schnellen Schluss zufrieden geben. Eine wissenschaftliche Untersuchung zeigte denn auch ein völlig anderes Bild als beim gemeinen Zahnausfall.
Nicht das Kegelrad griff in's Leere wie beim Boxer die Zahnbürste, sondern eine Halbwelle war spitz zulaufend abgefressen wie die Baumstummel am Thurspitz. Diese sensationelle Feststellung motivierte mich zu weiteren Untersuchungen, und schliesslich entdeckte ich die bisher unbekannte Spezies: Castor Tronco Inductus Vulgaris, den gemeinen Antriebsstummelbiber!
Der Antriebsstummelbiber ist ein putziges kleines Tierchen mit schwarzem, glänzendem Fell. In Grösse und Form ungefähr vergleichbar mit einer jungen Spitzmaus (das erwachsene Tier wiegt ca. 2 bis 3 Gramm), abgesehen natürlich von der Form des Schwanzes. Dieser ist wie beim Europäischen Biber (Castor Fiber) – mit dem er auch eng verwandt ist und wie dieser der Familie der Euarchontoglires angehört – breit, mit lederartiger Haut bedeckt und unbehaart. Der Schwanz wird Kelle genannt und dient als Steuer sowie zum Antrieb, wenn sich das Tier durch das Differentialöl bewegt. Beim Tauchen werden Nase und Ohren verschlossen. Der Castor Tronco kann bis zu 20 Minuten tauchen. Er ist perfekt an sein Umfeld angepasst, erträgt hohe Temperaturen und benötigt kaum Sauerstoff.
Bedingt durch das lebensfeindliche Umfeld, in dem er sich bewegt, ist er beinahe blind. Er ernährt sich von Differentialöl und von feinsten Eisenspähnen, wobei er Kohlenstoff-reiches Material bevorzugt. Ganz erstaunlich sind deshalb seine Zähne, welche einen ähnlichen Härtegrad aufweisen, wie Diamant.
Der Antriebsstummelbiber lebt in der Regel paarweise in der rundlichen Höhle, im Mittelteil der Hinterachse. Über seine Lebenserwartung kann nur spekuliert werden. Leider ist es mir bislang nicht gelungen, eines dieser Tierchen zu fotografieren. – Mit seinem kurzen, schwarzen Fell ist es im schwarzen Differentialöl praktisch unsichtbar. Die Spuren der spitzen Zähne hingegen sind nicht zu übersehen.
Wie aus den beiliegenden Bildern ersichtlich, ist das Frassbild absolut identisch mit demjenigen, welches an den Baumstummeln im Lebensbereich des Castor Fiber, des Europäischen Bibers beobachtet werden kann.

Generell gibt es noch viele offene Fragen, die ich mit weiteren Forschungen beantworten möchte. Ich bitte Sie deshalb, beim Wechsel des Differentialöles dieses vorsichtig durch ein Kaffeesieb zu giessen. Sollte eines der herzigen, kleinen Tierchen im Sieb hängen bleiben, so bitte ich Sie, mich im Interesse der Wissenschaft umgehend zu informieren und den Vertreter dieser raren Spezies vorsichtig mit dem frischen Öl wieder in das Differential zu füllen. – Kommen Sie dabei dem flinken Tierchen keinesfalls zu Nahe: Wie erwähnt sind die Zähne extrem hart, und es ist bislang noch nicht erwiesen, ob sich der Castor Tronco nicht auch von Fleisch ernähren kann. Zudem sind die spitzen Zähne eine wirksame Waffe!

Ich bedanke mich herzlich für Ihr Interesse und im Namen der Wissenschaft für Ihre Unterstützung, sollte sich dafür Gelegenheit ergeben.

Ihr

Dr. A.C. Traction
Alias Daniel Eberli

P.S. Anlässlich einer kürzlich durchgeführten Studienreise nach England konnte ich in Essex Spuren eines Verwandten des Castor Tronco Inductus Vulgaris entdecken und fotografieren. Es handelt sich um den Castor Caunus Corrosionius, vom Volksmund Gartenzaunnager oder von den Engländern fälschlicherweise auch Rust Rat (Rostratte) genannt. Der Castor Caunus Corrosionius sieht zwar einer Ratte ähnlich und ist auch ungefähr gleich gross, er ist aber wie erwähnt eng mit dem Antriebsstummelbiber verwandt. Insbesondere seine Zähne sind von gleicher Härte, wenn auch anders geformt, was dazu führt, dass sich das Frassbild deutlich unterscheidet. Dies fällt natürlich dem aufmerksamen Beobachter sofort auf.
Der Castor Caunus Corrosionius lebt mehrheitlich auf dem trockenen Land. Dementsprechend ist auch sein Schwanz nicht mehr als Paddel ausgebildet, was eben zum falschen Namen Rostratte gefhrt hat. Auch dieses Tier ist noch wenig erforscht, obwohl es für den interessierten, aufmerksamen Beobachter nicht allzu schwer ist, zumindest Spuren davon zu entdecken. Dabei wäre es für die Wissenschaft äusserst interessant, mehr zu erfahren über die Zusammensetzung der Zähne und diese Formel kommerziell zu nutzen.

Beachten Sie beim obenstehenden Bild die typischen Frassspuren, aus denen die Vorgehensweise bestens zu erkennen ist.
1. Eisenstange in der Mitte: Der Gartenzaunnager frisst sich rundherum ins Eisen.
2. Eisenstange rechts: Der Nager formt einen sauberen, gleichmässigen Spitz, der die Eisenstange einem Speer gleichen lässt.
3. Eisenstange links: Kurz vor dem finalen Durchbiss wird eine Gegenspitze genagt, was den Speer einem Tropfsteingebilde gleichen lässt.
Eine solche wunderbare Serie zu entdecken, ist natürlich selten. Dennoch beweist dieses Bild, dass es für den Fachmann und den Laien, der mit offenen Augen durch das Leben geht, immer wieder Möglichkeiten gibt, Spuren des Castor Caunus Corrosionius zu finden.
Leider ist es mir bislang nicht gelungen, eine vergleichbare Serie von Frassspuren des Castor Tronco Inductus Vulgaris zu fotografieren respektive zu bekommen, da in der Regel erst nach dem finalen Durchbiss festgestellt wird, dass ein Antriebsstummelbiber am Werk war. Auf Grund dieses Artikels hoffe ich jedoch auf tatkräftige Unterstützung durch die werte Leserschaft.

Nachtrag
Geradezu unglaublich schnell haben die Behörden der Gemeinde Uhwiesen (ZH) auf meine Forschungen reagiert, wie der Zeitungsbeitrag von Der Landbote vom 7. August 2008 beweist: