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Te koop oder 1000 Euro für eine Feder
An der Citro Mobile in Utrecht
Rudolf Weber

Ich pflege meine Traction häufig im Alltag zu bewegen, es ist eigentlich schade, ein solches Fahrzeug immer in der Garage stehen zu lassen. Gegen Ende Winter brauchte meine Familie Getränkenachschub und ich benutzte für den knappen Kilometer zu unserem Getränkelieferanten meine Zitrone. Schon nach dem Anlassen des Motores vermeinte ich, ein ungewohntes Geräusch zu hören. Erst beim Parkieren vor der Verkaufsstelle und nach dem Abstellen des Motores war es deutlich zu hören - der Anlassermotor lief immer noch. Dass bei abgezogenen Zündschlüssel der Anlassermotor drehen kann, erstaunt allenfalls Lenker von Neuwagen. Dass dies aber auch mit völlig gestossenem Anlasserzug der Fall war, erstaunte selbst mich. Die einzige Möglichkeit, den Anlasser abzustellen war ein Unterbrechen der Batterieklemme.

Nach dem Einkauf wunderte ich mich zuerst, dass sich das Fahrzeug nicht starten liess - aha - die Batterie war ja abgehängt. Ich stieg also wieder aus und drehte den Patentverschluss an der Batterie wieder zu. Die Reaktion war logisch doch von mir unerwartet. Der Wagen setzte sich ruckelnd in Bewegung und wollte gleich ein Böschung hinunter fahren, die an den Parkplatz angrenzt. Geistesgegenwärtig konnte ich, mit dem Wagen mitlaufend, die Batterie wieder unterbrechen, bevor ein Malheur passierte.

Der nächste Startversuch erfolgte dann mit dem Ganghebel im Leerlauf bevor ich die Batterie wieder anhängte. Zurück zu hause suchte ich die Ursache dieses Problems zu eruieren. Der Kabel (oder besser Stahldraht-) -Zug führt vom Armaturenbrett durch ein Kästchen, welches auf dem Anlassermotor sitzt. Hinter diesem Kästchen, das den Anlasserschalter beherbergt, hängt der Kabelzug an einer Spiralfeder, welche nach dem Anlassvorgang, den Anlasserknopf wieder zurückzieht. Weshalb stellte denn der Anlassermotor nicht ab?

Die Demontage des Kästchens zeigte die Funktion des Schalters auf. Der Batterieanschluss endet im oberen Teil des Kästchens mit einem massiven Kupferkontakt. Der Kabelzug selbst zieht einen zweiten Kupferkontakt, welcher mit dem Startermotor verbunden ist, zum ersten Kontakt, was den Schaltkreis schliesst. Der zweite Kupferkontakt sitzt auf einer L-förmigen Stahlfeder, welche nach dem Nachlassen des Kabelzuges wieder zurückfedert und den Kontakt unterbricht.

Genau diese Stahlfeder war gebrochen. Da sie aber mit Kupfer belegt ist, konnte trotzdem gestartet werden, die Federwirkung fehlte aber völlig, so dass der Anlassermotor nicht mehr abstellte.

Zwar wurden mir ganze Anlassereinheiten angeboten aber leider konnte mir keine meiner üblichen Ersatzteilquellen lediglich eine solche Feder beschaffen. An Ratschlägen fehlte es allerdings nicht. Für das gäbe es heute ja Magnetschalter, welche wesentlich zuverlässiger seien. Ich bin nun aber einmal der Ueberzeugung, das meine Traction 1955 ab Werk eine durchdachte und solide Konstruktion war und folglich auch im Originalzustand zu erhalten ist.

Links eine ganze und rechts die gebrochene Feder - das Kupferlaminat ist aber noch intakt

Am nächsten Stamm schwärmte Peter Weber vom offensichtlichen Paradies für Citroenisten. Alljährlich finde in Holland eine Citroën-Börse statt, die Citroën- und nur Citroënteile biete, und das in einer riesigen Halle. Er gehe sicher auch dieses Jahr wieder hin und suche noch Beifahrer. Warum nicht einmal nach Holland fahren? Und in dieser riesigen Halle müsste doch meine Feder aufzutreiben sein. Der Entschluss reifte, und ich entschloss mich, mitzufahren. Als dritter in der Runde meldete sich Walter Rey, der stets versucht, seine schon sehr umfangreiche Sammlung mit Citroënstücken aller Art noch zu erweitern.

Bei schönstem Frühlingswetter fuhren wir also in ca. acht Stunden von unserem Treffpunkt in Hallau nach Utrecht, wo wir in Ijsselstein, einem pitoresken Vorort von Utrecht, unser Lager aufschlugen. Ijsselstein hat alles, was man sich von Holland erwartet. Da sind die Grachten, die schmalen Häusschen, die Windmühle und man muss sich ständig vor vorbeiflitzenden Radfahrern hüten. Natürlich erreicht man das Städchen via eine Zugbrücke, welche eine Gracht überdeckt.

Der nächste Tag sah uns Schweizer schon zwei Stunden vor Hallenöffnung beim Ausstellungsgelände. Später würde - so Peter Weber - der Verkehr wegen den vielen Besuchern fast bis zur Autobahnausfahrt zusammenbrechen. Die Wartezeit vertrieben wir uns vorerst auf dem Parkplatz, der selbst eine Sehenswürdigkeit ist. Praktisch alle Besucher besitzen auch als Alltagswagen neuere oder ältere Citroens. Solche uniformen Parkplätze gab es sonst nur in der damaligen DDR, wo zu 80% Trabants und vielleicht noch ein paar Wartburgs zu sehen waren.

Durch das bereits geöffnete Kaffee erschlichen wir uns den vorzeitigen Zugang zur Halle, welche eigentlich erst für Händler geöffnet war. Somit war in aller Ruhe ein erster Streifzug durch das Angebot möglich, bevor der grosse Sturm losging. Die Citro Mobile ist mit dem OTM von Fribourg zu vergleichen. Das Angebot umfasst Clubausstellungen, Ersatzteilhändler, Neuteilanbieter, Bücher- und Memorabilienhändler sowie Angebote für Pflege und Unterhalt der Wagen. Nur eben, dass alles auf die Citroëns ausgerichtet ist. Für Tractionisten war der bekannte Händler Jose Franssen aus Belgien eine wichtige Anlaufstelle. Im Allgemeinen muss aber festgestellt werden, dass die Traction im gesamten Citroënspektrum nur noch eine Randerscheinung ist. Für Hinterradantriebler war das Angebot gar marginal. Trotzdem waren unter ganzen Haufen Gerümpel immer wieder überraschende Funde möglich so dass Peter Weber auf seinem Wunschkatalog das eine oder andere Stück abhaken konnte.

Erstaunlich ist, wie immer mehr diskrete Verbesserungen angeboten werden. So kann man eine elektronische Zündanlage erwerben, welche statt Zündverteiler einen Hallgeber hat. Dieser ist so gebaut, dass er ganz einfach anstelle des Zündverteilers eingesetzt werden kann. Er sieht auch wie ein normaler Zündverteiler aus.

2CV-Fans waren wohl am besten bedient. Feuerverzinkte Chassis oder gar solche aus Stahlblech waren ebenso zu haben wie "Häusschen" ab Lager. Populär scheinen 2 CV Umbauten zu sein. Besondere Aufmerksamkeit zog ein 2CV Sportwagen mit Anhänger für zwei Schlafsäcke auf sich.

Besonders berührt hat mich ein grosse Sammlung von Traction Teilen, welche kistenweis angeboten wurden. Es war unschwer zu erkennen, dass es die Ueberbleibsel eines Restaurierungsversuches war. Der gescheiterte Enthusiast hatte wohl mehr Lackier- als mechanische Kenntnisse. Er hatte alles - wirklich alles, mit einer goldfarbenen Pulverbeschichtung lackiert. Wer also zum Beispiel die Spiralfedern der Motoraufhängung, oder die Schaltkulisse in Gold möchte, soll sich bei diesem Verkäufer melden!

Und meine Anlasserfeder? So ziemlich alle Anlasspatente waren zu finden, auch solche von Tractions früherer Jahrgänge. Nur leider fehlte überall gerade meine spezielle Feder. Aber wenn man schon in Utrecht ist, sollte man vom Angebot profitieren. So sammelten sich bei mir in verschiedene Plastiksäcken ein von mir lange gesuchter Originalblinkerschalter, ein Benzinpumpenreparaturset, bei mir fehlende Federn der Motorhaube, neue Glasperlen für die Positionsleuchten auf den Scheinwerfern, zwei Ersatztürschlösser, diverse neue oder noch nicht in meiner Bibliothek vorkommende Tractionbücher, Posters etc. An einem Stand wurde aus einem Tractionnachlass in einer netten Holzkiste praktisch das ganze Tractionspezialwerkzeugset en bloc angeboten. Nicht billig aber günstig. Alles in allem würde mich nun Utrecht mit mehr als 1000 Euro belasten. Wenn nur die Feder dabei wäre!

Ganz oben in der Halle kam ich dann mit zwei Clubvertretern ins Gespräch, welche Hochzeitsfahrten anbieten. Ein solches Fahrzeug nennt sich "Trouwauto" und scheint in Holland recht populär zu sein. Einer der Wagen war praktisch identisch mit meiner 55er B. Interessiert liess ich mir den gepflegten Motorraum zeigen und stellte fest, dass am Anlasser der Anlasserschalter völlig fehlte. Der Hochzeitfahrer hatte ihn durch einen Magnetschalter an der Spritzwand ersetzt. Auf mein Problem angesprochen sagte er mir, er habe das Original zu hause und würde es mir am nächsten Tag gerne bringen. So wechselte dieses von mir so eifrig gesuchte Stück am frühen Sonntag Morgen, kurs vor der Abreise, die Hand, für 15 Euro!

Wenn ich nun wieder in der Schweiz unterwegs bin, erinnere ich mich ab und zu, dass in meinem Wagen ein Stück eines holländischen Hochzeitsautos seinen Dienst tut!

Zur Bildgalerie von Utrecht:

Rudolf Weber

Offizielle Homepage der Citro Mobile:

http://www.citromobile.nl/