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Good Vibrations

Daniel Eberli

"Good vibrations" hiess ein Song der Beach Boys in den 60-ern, und in der Tat gibt es Vibrationen, welche dem menschlichen Körper gut tun. Dies lässt sich bei jedem Messebesuch erfahren, wo beinahe an jedem zweiten Stand irgend ein Massagegerät für Rücken- , Nacken oder Fussmassage demonstriert wird.
Im technischen Bereich sind Vibrationen in der Regel weniger angenehm, ja, sie können sogar schädlich sein, indem Schwingungen zu Materialermüdung und damit zum Bruch von wichtigen Teilen führen können. Ganz abgesehen davon sind sie störend und häufig auch mit einem erhöhten Lärmpegel verbunden.
Über die Möglichkeiten, unerwünschte Vibrationen zu vermeiden, haben sich die Menschen - oder zumindest die erfinderischen unter ihnen - schon Gedanken gemacht, seit sie sich mit Transportmitteln vorwärts bewegen.
Anfangs behalf man sich mit gepolsterten Sitzkissen, später versuchte man immer näher an die Quelle der Vibrationen heran zu kommen und diese möglichst im Ansatz zu verringern oder zu verhindern.
Als Beispiel möchte ich hier nur kurz auf den Fortschritt vom eisengebundenen Holzrad zur modernen Luftbereifung hinweisen, mich dann aber dem Thema "Radaufhängung und Fahrwerk" abwenden und auf Schwingungen, welche vom Motor her rühren, eingehen.

Bei den ersten motorgetriebenen Fahrzeugen war der Motor starr mit dem Chassis verbunden. Dementsprechend wurden die Vibrationen unverfälscht an das Fahrzeug weitergegeben und lediglich durch kärglich angebrachtes Isolations- und Polstermaterial von den Passagieren ferngehalten. Im Juli 1931 wandte die amerikanische Firma "Chrysler" erstmals die Technik des schwebend montierten Motors, genannt "Floating Power", an - und vervierfachte damit die Verkaufszahlen ihres Modells "Plymouth" innerhalb kürzester Zeit. Auf Grund dieses Erfolges wandte sie diese Technologie rasch an allen Typen des Hauses an.
Im Oktober 1931 interessierte sich André Citroën anlässlich seiner USA-Reise dafür und kaufte die Lizenzrechte exklusiv für Frankreich. Ab April 1932 wurden die Neuerungen umgesetzt auf die gesamte Palette von Citroën, namentlich auf die Modelle C4 und C6.

Interessanterweise - und hier schliesst sich gewissermassen der Kreis - geht der "Moteur flottant" zurück auf die Erfindung des Franzosen Pierre Lemaire und seiner Studie, dass der Motor in der Hauptachse beweglich um das Gravitationszentrum aufgehängt werden müsse. Zusammen mit Paul d'Aubarède gelang es ihm, die Idee, Motor und Chassis gewissermassen von einander unabhängig zu machen, zur Serienreife weiter zu entwickeln. Als Werbegag wurden die Citroën-Personenwagen mit Hinterrad-Antrieb fortan mit dem Symbol des gleitenden Schwans und der Bezeichnung "Motteur flottant" gekennzeichnet.

Als 1934 die Traction auf den Markt kam, verschwand der gleitende Schwan wieder, obwohl die Technik des "Moteur flottant" auch bei der Traction zur Anwendung gelangte.

Nach dieser etwas langen Einführung möchte ich nun zum technischen Teil meines Beitrages kommen.
Zuerst möchte ich unterscheiden zwischen Vibrationen, welche auf ein technisches Problem hindeuten und solchen, die "normal" sind.
Abnormale Schwingungen vom Motor zeigen sich meistens in Ruckeln beim Lastwechsel und im Schiebebetrieb. Sie können neben weiteren folgenden Ursachen haben:

Verstreckte Steuerkette.

Die Traction hat original keinen Kettenspanner, so dass eine verstreckte Steuerkette verfälschte Steuerzeiten und ein verstellter Zündzeitpunkt zur Folge haben kann. Von Albert Schorta, möglicherweise auch von anderen Clubgaragisten, wird ein Kettenspanner für Tractions angeboten. Das Problem liegt allerdings daran, dass die Stirnradkette beim Traction-Motor auf der Seite der Fahrgastzelle angebracht ist und somit nur bei ausgebautem Motor zugänglich ist.

Ausgeschlagene Drosselklappenwelle beim Vergaser.

Der Zustand der Drosselklappenwelle kann geprüft werden, indem man daran rüttelt. Hat sie übermässig Spiel, kann dort falsche Luft angesogen werden, so dass das Gemisch abgemagert wird. Dies kann sogar zu Aussetzern führen. Letztendlich schafft nur eine seriöse Revision oder ein neuer Vergaser Abhilfe. Mit handelsüblichem Schmierfett kann 1. der Verschleiss verringert werden und 2. wirkt Fett auch bis zu einem gewissen Mass als Dichtmittel.


Ausgeschlagener Zündverteiler

Hier hilft in der Regel nur der Ersatz. Gelegentlich liegt das Problem jedoch auch an der Befestigung respektive der Grundplatte des Verteilers mit dem Handverstell-Mechanismus. Dann kann bereits ein Nachziehen der Schrauben Abhilfe schaffen.

Schlechte Zündkabel

Da die Zündkabel bei der Traction zwischen oder hinter dem Schaltgestänge durchgeführt werden müssen, kann es bei überalterten Zündkabeln zum Überspringen des Zündfunkens kommen, insbesondere bei feuchter Witterung oder nach einer Wagenwäsche. Naturgemäss sind Aussetzer die Folge. Die Diagnose wird erleichtert, wenn der Motor in der dunklen Garage (für gute Belüftung sorgen!) oder bei Nacht durchgeführt wird, da man dann fehlgeleitete Zündfunken sehen kann.

Falsche Einstellung der Motorenbefestigung

Der Motor der Traction ist bekanntlich schwimmend aufgehängt. Da leider häufig die Einstellung der Befestigung zu wenig sorgfältig vorgenommen wird, werden die "normalen" Schwingungen des Motors ungenügend gedämpft an die
Fahrgastzelle weitergegeben.
Die Aufhängung des 4-Zylinder-Motors besteht aus vier Teilen:
1. Einem Silentblock beim Getriebe, der nicht verändert werden kann.
2. + 3. Zwei Stützen mit höhenverstellbaren Spiralfedern links und rechts des Motorblocks.
4. Einem Silentblock in einem Gehäuse im Fussraum.
Die Silentblocks haben lediglich führende Aufgaben, wobei derjenige im Fussraum nicht mehr als 10 mm ( + / - 2 mm) Längsspiel haben darf, da sonst bei plötzlicher Beschleunigung ein dumpfes Geräusch entstehen kann. Ganz besonders wichtig ist, dass die Spannung der Federn links und rechts so eingestellt werden muss, dass das rückseitige Gehäuse mit seinen vier Schrauben und dem Führungsdorn ohne irgendwelchen Kraftaufwand befestigt werden kann.

Ist der Motor zu tief oder auch zu hoch, werden die Vibrationen des Motors ungefiltert auf den Fahrgastraum übertragen und man hat den Eindruck, der Motor laufe rau, obwohl alles in Ordnung ist.
Da in der Regel das Gehäuse im Fahrgastraum mit Teppich überzogen ist, ist die Kontrolle der Position des Gummiklotzes nicht ganz einfach. Bis zu einem gewissen Mass kann sie auch vom Motorenraum her eingeschätzt werden. Schliesslich bleibt dann immer noch die Methode "Essai et erreur" (Trial and error, oder Schweizerdeutsch: "Probiëre gaht über Studiëre!).
Walti Rey verkauft einen Umbausatz, bei welchem die Spiralfedern auf der Seite des Motors ersetzt werden durch Silentblocks. Dadurch kann der Gummiklotz auf der Rückseite des Motors ganz weggelassen werden und die Übertragung der Vibrationen an dieser Stelle ist nicht mehr möglich. Die Aufhängung gleicht dann in der Konstruktion derjenigen des Sechs-Zylinders, der ebenfalls auf der Rückseite keine Stütze aufweist, weil dort der Zahnkranz für den Anlasser befestigt ist. Persönlich habe ich keine Erfahrungen mit Walti's Konstruktion.
- Letztendlich funktioniert die schwebende Motoraufhängung auch nur dann befriedigend, wenn nicht irgend welche andere Teile - in der Regel das Auspuffsrohr im Bereich der ersten Briede - an den Fahrzeugkörper klopfen.


Unterschiedliche Kompression

Wenn die Kompression nicht auf allen Zylindern gleich ist, führt dies zu einem unrunden Motorlauf. Die Ursachen können vielfältig sein. Schlecht eingestellte oder verbrannte Ventile, undichte Kolbenringe, Löcher im Kolbenboden etc. Bereits ein billiger Kompressionstester leistet gute Dienste zur Diagnose. Wenn die Kompression schlecht ist, gibt man einige Spritzer aus der Ölkanne durch das Kerzenloch in den Brennraum. Verbessert sich danach die Kompression markant, ist der Schaden an den Kolbenringen und Zylinder-Laufbüchsen zu suchen, verbessert er sich nicht, liegt es eher an den Ventilen. Definitive Klarheit bekommt man letztendlich nur, wenn man den Motor öffnet oder mit einem Endoskop hineinschauen kann.

Vibrationen können unterschiedliche Ursachen haben, von denen einige auch vom Bastler mit wenig Aufwand behoben werden können. Es lohnt sich, hier mal den Kopf unter die Haube zu strecken.
Eine Anmerkung möchte ich noch anbringen: Wenn der Motor gar nicht mehr vibriert, läuft er in der Regel nicht mehr! In diesem Sinne:

Good vibrations!

Daniel Eberli