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Du Vin, du pain, du Citroën
Daniel Eberli

 

Anfang 2003 habe ich einen Beitrag geschrieben mit dem Titel „Zeitmaschine“, worin ich meine Vorstellung zu Papier brachte, wie der Erstbesitzer meines AC4 Torpédo, Albert Tyrand, das Fahrzeug vor nunmehr bald 75 Jahren gekauft hat. Im April 2004 führte uns unsere Ferienreise mit dem Wohnmobil nach Frankreich.

Anfang April waren wir uns noch nicht schlüssig, wo wir unsere Frühlingsferien verbringen sollten. Da wir jedoch dank unserem japanischen Pick-Up mit Wohnkabine flexibel waren, wollten wir abwarten, wie sich das Wetter entwickelte. Je nachdem sollte es über Frankreich nach Belgien und Holland gehen, oder aber eher Richtung Süden.

An meinem Reparaturkurs für Traction-Anfänger vom 3. April nahm neben weiteren Tractionisten auch Max mit seinem Köfferli-Large teil. Beim Mittagessen erfuhr ich, dass er einen Zweit-Wohnsitz im Burgund hat und sich gerne ein Traction-Cabriolet anschaffen wollte, was bislang auf Grund der horrenden Preise nicht geklappt hatte. Ich versuchte ihm dann mit dem Argument, dass man mit einem Cabriolet ohnehin nicht schnell fährt, einen offenen Citroën mit Hinterrad-Antrieb „schmackhaft“ zu machen. – Offensichtlich mit Erfolg, denn als er meinen AC4 sah, fuhr er voll auf die Idee ab.

Seine Einladung zu seinem Wohnsitz in Frankreich zwecks Besprechung allfälliger Details bei einem Glas Wein nahmen wir gerne an, und so führte uns das erste Teilstück unserer Ferienreise zu Max und Hilde ins Burgund. Es blieb nicht bei einem Glas Wein, sondern wir durften bei unseren Gastgebern eine Spitzenleistung französisch-schweizerischer Kochkunst erfahren.

Am nächsten Tag – einem Donnerstag – kaufte Max mit den Croissants und den Baguettes (abgeholt in der Traction mit 4-Gang-Getriebe) auch gleich das neue „LVA“ (La Vie de l'Auto), welches nach dem Morgenessen studiert wurde. Ein Angebot eines C4-Torpédos – ebenfalls ein Commercial (15'000 Euro à débattre...), wie meiner - stach uns ins Auge, und Max hängte sich ans Telefon mit dem Ergebnis, dass wir beschlossen, unabhängig vom Wetter Richtung Ardèche weiterzureisen, um das Auto für Max zu besichtigen.

Auf dem Weg dorthin kamen wir in Bourg-en-Bresse vorbei, wo der Veteranenteilehändler Claude Renel sein Lager hat. Wir schauten kurz vorbei, aber ausser einem jüngeren Mitarbeiter war niemand anwesend: Der Chef war mit einem beträchtlichen Teil des Materials irgendwo an einem Teilemarkt. Vor der Halle lagert eine Traction-Vorderachse,

welche so schön war, dass ich sie unbedingt fotografieren musste. – Ich denke, man könnte sie günstig kaufen...

Nun, die Beschilderung der kleineren Strassen in Frankreich ist auch nicht mehr so, wie sie einmal war. Insbesondere die Numerierung wird nicht mehr konsequent durchgezogen. Da zudem Max einen falschen Ortsnamen notiert hatte, bekamen die Einwohner von Annonay unser Vehikel vier Mal zu sehen. – Jedes Mal aus einer anderen Richtung, so dass der Eindruck entstehen musste, unser doch eher ausgefallene Fahrzeugtyp erlebe einen plötzlichen Boom.

Schliesslich – am Samstagnachmittag - fanden wir aber doch zum richtigen Ort, wo uns die Frau des Besitzers empfing und den Veteranen sowie Bilder der Restaurierung zeigte. Der Wagen hinterliess einen äusserst guten Eindruck – die Karrosserieteile waren sandgestrahlt worden – und vor allem die Sattlerarbeit war ausgesprochen sorgfältig ausgeführt worden. Alle Reifen waren neu. Nur wenig wäre zu bemängeln gewesen,

wie zum Beispiel die verchromte statt vernickelte Kühlermaske oder eine anachronistische Ballonhupe am Rahmen der Frontscheibe.

Nach einer halben Stunde traf der Ehemann ein, der trotz drohendem Regen den Wagen vor die Garage ans Licht fuhr, wobei der Motor sofort ansprang. In Anbetracht des Wetters verzichteten wir dann auf eine Probefahrt, zumal Max für seine Besichtigung einen Mechaniker mitnehmen wollte. Ich brachte es nicht übers Herz, das Fahrzeug zwecks Preisdrückens schlecht zu machen, zumal der Besitzer andeutete, dass er durchaus bereit wäre auf 13'000 Euro herunter zu gehen, und ich hatte den Eindruck, das war noch nicht das letzte Wort.

So beschränkte ich mich darauf, dass „mein persönliches Limit“ Fr. 15'000.- entsprechend ca. 10'000 Euro seien, zumal ja noch Zoll und Transportkosten zu berücksichtigen seien. Da der Besitzer noch andere Kaufinteressenten (unter anderem natürlich Max...) hatte, nahm der dies zur Kenntnis, und wir trennten uns freundlich.

Ich teilte Max sofort meine Einschätzung mit, der ganz nervös wurde und für Anfang nächster Woche die finanziellen Mittel organisieren und den Veteran selbst besichtigen wollte. Zudem wollte er sich erkundigen, welche Probleme auf Grund der „Carte grise de collection“ zu erwarten waren und wie sich diese lösen liessen. Nach Kenntnisstand von Max liess die "Carte grise de collection" nämlich lediglich die gelegentliche Teilnahme an Oldtimer-Veranstaltungen zu, nicht aber das Fahren in andere Regionen oder gar ins Ausland. [Erst eine halbe Woche nach unserer Rückkehr aus Frankreich teilte mir Max mit, dass er eine Lösung gefunden hatte, wie er zu einer "Carte grise ordinaire", einer "normalen" Strassenzulassung also, kommen konnte – aber dass inzwischen das Auto bereits an einen anderen Interessenten verkauft worden war.]

Da wir mit der Auto-Besichtigung recht weit nach Süden gekommen waren, beschloss der Familienrat, welcher bei mittlerweile strömendem Gewitterregen im Wohnmobil tagte, dass wir unsere Reise "da wir ja schon in der Nähe waren" ins benachbarte Departement Drôme fortsetzen wollten, um dort nach Albert Tyrand, dem Erstbesitzer unseres AC4 Torpédo zu forschen.

Am späteren Sonntagnachmittag trafen wir im kleinen Ort Mérindol-les-Oliviers ein, wo

wir zuerst die Kirche aufsuchten. Zu unserer Überraschung war kein Friedhof in der Nähe, so dass wir unsere Nachforschungen vertagen mussten.
Natürlich konnten wir es nicht lassen, einen Spaziergang zu den verschiedenen Häusergruppen zu machen, die Namen an den Briefkästen zu lesen und bei den Schuppen und Scheunen zu rätseln, ob wohl früher einmal unser alter Citroën darin abgestellt war.

Fünf Kilometer weiter westlich hatten wir Richtung Saint Romain-en-Viennois einen Camping-Platz gesehen, den wir aufsuchten, um unser Abwasser zu entsorgen, zu Duschen und die Frischwasservorräte zu ergänzen. Dann fuhren wir nochmals ein Dorf weiter, nach Puyméras, und genossen ein feines Provence-typisches Nachtessen.

Am Montagmorgen fuhren wir zurück ins Dorfzentrum - wobei "Zentrum" nach mehr klingt, als es war – und suchten die "Mairie" (gewissermassen die Gemeinderatskanzlei) auf. Ich erklärte dem "Maire" mein Anliegen, worauf er uns sagte, der Name "Tyrand" sei ihm trotz seiner bald 30-jährigen Amtserfahrung nicht bekannt. Es könne sich nicht um eine alteingesessene Familie handeln. Immerhin gab er mir die Adresse einer älteren Dame an, welche in Mérindol aufgewachsen war. Ihr Vater sei der Bäcker gewesen, sie müsste alle Leute kennen.

Die genannte Dame war sogar zu Hause, aber im Gespräch mit einer Freundin oder Nachbarin vertieft. Auch sie sagte aus, sie kenne keine Tyrands.
Tja, nun schienen die Spuren im Sande zu verlaufen. Etwas enttäuscht wollten wir Mérindol den Rücken kehren, als ich beim Wegfahren den Friedhof entdeckte. Wir hatten ja Zeit genug, deshalb hielten wir an und schlenderten durch die alten Grabsteine auf der Suche nach einem Hinweis auf Albert Tyrand.

Und tatsächlich, am oberen Ende des altehrwürdigen Friedhofs stand ein grosser Grabstein mit der Inschrift – Brun – Tyrand – Coulet. Das Grab sah einigermassen gepflegt aus, und vor nicht allzu langer Zeit hatte jemand Blumen hingelegt. Ich notierte mir die Namen, und wir fuhren zurück zum „Maire“. – Irgendwo musste doch ein Kirchenrodel oder etwas Ähnliches existieren, und bei mir war inzwischen der Jagdinstinkt erwacht...
Als ich dem Gemeindeschreiber meinen Notizzettel unter die Nase hielt und mich erkundigte, wo ich nähere Auskünfte über die Gräber bekommen könnte, wies er mich an, zu einem Gehöft mit dem Namen „Le Grand Jardin“ zu fahren, das für Feriengäste eingerichtet war. Mir wurde erst im Auto klar, dass er mich direkt an die Familie Coulet, dem letzten Namen auf dem Grabstein, verwiesen hatte. (Im Nachhinein frage ich mich, ob er wohl meine Art, „Tyrand“ auszusprechen, nicht verstanden hat. Vielleicht hätte ich „Tirang“ sagen müssen, wie es dem dortigen Dialekt entsprach...)
Da die Abzweigung bei einem anderen der verstreuten Höfe etwas versteckt war, erkundigte ich mich dort bei einem älteren Mann nach Albert Tyrand.

Dieser verstand mich sofort und er zeigte auf einen etwa 300 m entfernten Hof. Dies sei sein Hof gewesen, erklärte er mir. Wir fuhren mit unserem hohen Vehikel über die schmale Strasse zum ehemaligen Bauerngut, wo uns ein kleiner Hund lautstark begrüsste. Wir sahen uns um, aber es schien niemand zu Hause zu sein, obwohl zwei Autos herumstanden. Auf mein Klopfen und Rufen reagierte niemand.

Da sich inzwischen der Hunger regte, parkierten wir ca. 50 m vom Haus weg, um zu Essen. In der Zwischenzeit veränderte sich die Situation nicht, so dass ich schliesslich einige Photos schoss – natürlich von der mutmasslichen Garage des AC4.
Beim Briefkasten lagen zwei Briefe zum Mitnehmen für den Post-boten bereit. Ich notierte mir die Adresse der Absenderin Frau Coulet, damit ich sie wenigstens von zu Hause anschreiben konnte. Danach fuhren wir weg.
Meine Geschichte über den Bäcker Tyrand war mit dem Besuch des Bauernhofes ziemlich zerbröselt. Immerhin war klar, dass die Steigung, in welcher Herr Tyrand bei seinem AC4 zurückschalten musste, tatsächlich vorhanden war!

Wir wollten uns noch etwas im Nachbardorf Mollans sur Ouvèze umsehen, um einen weiteren Eindruck von der Gegend zu bekommen. Mollans ist ein hübsches, kleines altes Städtchen, zum Teil beinahe unter eine hohe Felswand geklebt. Bei unserem Spaziergang mussten wir feststellen, dass sogar eine Bahnhofstrasse existierte, wenn auch inzwischen ohne Bahnhof. Mir wurde klar, dass dort früher – bis ca. 1950, wie wir später erfuhren - eine dieser damals für Frankreich typischen kleinen Bimmelbahnen existiert hatte. Es war also durchaus möglich, dass Herr Tyrand nicht mit dem Citroën-Bus weggefahren war, sondern direkt zu Fuss oder mit dem Pferdewagen zum Bahnhof gekommen war. Ob die Bahn früher nach Orange oder über Nyons nach Montélimar fuhr, konnten wir nicht feststellen.

Schliesslich hatten wir genug gesehen, und wir fuhren weiter, Richtung Westen. Ausserhalb von Mollans sah ich plötzlich ein Schild am Strassenrand! Na, diese Gelegenheit konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen!
Wir bogen ab, um verschiedene Weine zu degustieren. Schliesslich kauften wir einige Flaschen. So ganz nebenbei erkundigte ich mich, ob die Familie verwandt sei mit Albert Tyrand von Mérindol-les-Oliviers. Ja, er sei ein Grossonkel ihres Mannes gewesen, bekamen wir zur Antwort. Ein Wort gab das andere, und nach kurzer Zeit hängte sich die Frau ans Telefon, um Frau Coulet anzurufen.
Ob wir vorbei kommen wollten, wurden wir gefragt, was wir natürlich gerne taten.
So sassen wir kurz darauf im Wohnzimmer von Frau Coulet, Tochter des verblichenen Albert Tyrand, dem Erstbesitzer unseres AC4. An der Wand hing eine alte Farbphotographie mit dem Gemüsebauern Tyrand, auf der im Hintergrund das Citroën Torpédo zu entdecken war. Bei Tee und Biskuits erfuhren wir mehr über die Geschichte und Geschichten von Albert Tyrand und zeigten auf dem mitgebrachten Laptop einige Bilder des AC4.
 
Albert Tyrand, geboren im Jahre 1901, war ein gut situierter junger Mann, als er –aufgewachsen im nahen Mollens - auf den Hof seiner späteren Frau kam. Er war Gemüsebauer, der hauptsächlich Kirschen, Melonen, Oliven und etwas Wein anbaute, dazu natürlich Futter für die Pferde und die Hühner. 1929 kaufte er den Neuwagen bei der Garage Monod in Nyons.
In Frankreich war es damals nicht nötig, eine Fahrprüfung abzulegen. Es genügte, wenn der Verkäufer mit dem Käufer einige Runden drehte, bis er das Gefühl hatte, es sei zu verantworten, den Fahrer nun alleine auf die Umwelt los zu lassen.
1930 heiratete Herr Tyrand. Die Produkte des Hofes wurden mit dem AC4 zu den Kunden in der Umgebung, in der so genannten „Baronnies“, gebracht. Der Wagen diente natürlich auch für Ausfahrten und für alle möglichen Zwecke, und dies nicht nur für die Tyrands, sondern für viele Menschen in der näheren Umgebung, denn er war lange Zeit weit herum das einzige Auto. So wurde es selbstverständlich eingesetzt für Kranken- und Verwundetentransporte.

Ende der 60-er Anfangs der 70-er Jahre wurde das Auto verkauft. Als Ersatz wurde ein Renault 4CV und später ein Renault 4 angeschafft. Im Jahre 1979 starb Albert Tyrand. Da keines seiner Kinder den Hof weiter bewirtschaften wollte, wandelte seine Tochter Andrée – mittlerweile verheiratete Coulet – das Hauptgebäude in ein „Maison d’Hôtes“ um, welches sie heute, im Alter von 73 Jahren, zusammen mit ihren Kindern betreibt. (Wer Interesse hat: Die Gegend eignet sich hervorragend zum Radfahren – und zum Schlemmen... – Adresse beim Verfasser.)

Madame Coulet wies uns darauf hin, dass die Citroën-Vertretung in Nyons immer noch existiert. Für uns wurde damit selbstverständlich, dass wir uns auch dort kurz umsehen wollten, nachdem wir uns von Albert Tyrands Tochter verabschiedet hatten mit dem Versprechen, einige Bilder des AC4 zu schicken.
In Mirabel aus Baronnies hielten wir bei einem marktähnlichen Gebäude an, um einige Oliven zu kaufen. Dabei fiel uns ein Plakat mit einem Citroën C4 auf.

Danach fuhren wir nach Nyons, wo wir auf Grund eines Hinweises eines Taxifahrers die Citroën-Vertretung fanden. Ein auf die Hauswand gemalter alter 2CV und ein C4-Tretauto im Schaufenster liessen vermuten, dass der Besitzer Freude an alten Autos hatte.
Im Eingangsbereich lag eine möglicherweise einmal weisse Katze gemütlich schlafend auf einem Stuhl. Ihr Fell liess den Eindruck entstehen, in der Werkstatt seien Putzfäden Mangelware. Es schien, als ob stattdessen jeder im Vorbeigehen seine schwarzen Hände an der Katze abputzte. Auf alle Fälle war sie kaum von einem Bündel Putzfäden mit Ohren zu unterscheiden...
Wir lernten den Seniorchef Herrn Monod und seinen Sohn kennen. Mit grosser Freude nahmen sie unsere Geschichte zur Kenntnis, und wir wurden herumgeführt.

In der Auffahrt zur höher gelegenen Werkstatt stand ein schöner DS. Die Werkstatt – man müsste wohl eher sagen „Werkhalle“ war phantastisch. Da konnte kein Vergleich gemacht werden zu einer modernen, beinahe klinisch sauberen Citroën-Vertretung. Ungefähr 40 mehrheitlich ältere Autos standen herum. Der grössere Teil Citroën, darunter vier Tractions. Während sich der Juniorchef wieder um den Betrieb kümmerte, nahm sich der Senior uns an.
Voller Stolz zeigte er Agi einen gut erhaltenen Vespa 400.
Er bat sie, in diesem Kleinwagen Platz zu nehmen – und zu staunen, wie viel Raum innen vorhanden war. Agi war tatsächlich begeistert, doch Herr Monod wollte das Auto nicht verkaufen. Auf meine Frage, was das Wägelchen denn etwa Wert sei, begann er, alte Francs in neue umzurechnen. Dann fragte er seinen Sohn nach dem Umrechnungskurs in Euro. Beim Endresultat von 2500 Euro blieben mir erhebliche Zweifel an seinen Rechnungskünsten...

Bei einem 15/Six, der ohne Kühler über einer Grube stand, bei der man vor Schmutz den Boden nicht sehen konnte, klagte er, der Motor habe einen Schaden, den er noch nicht genau diagnostizieren konnte. Zur Anschauung liess er den Motor, der angeblich vor nicht allzu langer Zeit überholt worden war, laufen. Tatsächlich klang es aus der unteren Hälfte des grossen Triebwerks, das aussen herum total verschmutzt war, metallisch. Die Spritzwand war vollgespritzt mit rostigem Kühlerwasser. Anscheinend war der Besitzer zügig über die Autobahn geprescht, als der Schaden auftrat.

Ich hatte den Eindruck, als wenn die Lagerschalen der Pleuellager auf der Kurbelwelle festsassen und mit dieser, statt mit den Pleueln drehten. Ich verzichtete jedoch darauf, in Anbetracht meiner doch nur mässigen Erfahrung diesem bestandenen Citroënisten meine Diagnose mitzuteilen (nicht zuletzt auch aus Bequemlichkeit, wäre es doch recht mühsam gewesen, meine Ansicht auf Französisch mitzuteilen).

Im hinteren Viertel der Fabrik-ähnlichen Halle war auf halber Höhe ein Boden eingezogen, auf dem Ersatzteile gelagert waren. Dort stapelten sich eine riesige Menge von Autoteilen, und ich bin sicher, dass zuunterst auch noch Stücke für meinen AC4 zu finden wären - wenn man sich erst mal soweit vorgearbeitet hätte...

Mit der Zeit kam uns Herr Monod vor, wie ein Wasserfall. Er erzählte uns aus seinem Nähkästchen, bis ich Muskelkater an den Ohren bekam. Man muss sich das ungefähr so vorstellen:

Man nehme das gesamte Citroën-Fachwissen unseres Clubkameraden Peter Weber, multipliziere es mit dem Faktor 1,7 oder 1,8, verpacke das Ergebnis in einen 8-stündigen Vortrag und giesse diesen innerhalb von 2 Stunden in einem Französisch, welches mit dem Schweizer Schulfranzösisch nur den Namen gemein hat, über einem mehr oder weniger unbescholtenen Touristen aus!

Obwohl die Gastfreundschaft der Familie Monod erfreulich und das Zusammentreffen äusserst interessant gewesen war, verliessen wir kurz vor 1830 Uhr die phantastische Citroën-Vertretung eher fluchtartig mit dem Argument, wir müssten noch Einkäufe tätigen, vorbei an den schnurrenden Putzfäden, raus auf die Strasse!

Ich war danach fix und fertig. Zum Glück hatte Ramona noch einige Bilder geschossen, ganz besonders von einer Photografie, welche die Citroën-Vertretung in den frühen 30-er Jahren zeigte. In der Einfahrt steht ein AC4-Torpédo. – Ob es meiner ist?
Übrigens: Die eine oder die andere Traction der Citroën-Vertretung von Nyons steht zum Verkauf. Interessenten erfahren die Adresse beim Verfasser.

Wir kauften uns Brot aus der Gegend und übernachteten auf dem Wohnmobil-Platz in Nyons. Am nächsten Tag sahen wir uns eine typische Mühle für Olivenöl sowie die Verarbeitung der typischen Provence-Kräuter an, dann wandten wir uns Richtung Norden, Richtung Schweiz. Im Auto hatten wir Wein der Familie Tyrand und Brotaus der Drôme Provençale, mit uns trugen wir interessante Geschichten über Citroën.

– Du Vin, du Pain, du Citroën...

Daniel Eberli