zurück

Fortgeschraubt

Reparaturkurs für Fortgeschrittene, 15.-16. März 2013 in Benken

Bericht: Helge Torgersen

Einen Reparaturkurs für fortgeschritteneTractionistinnen und Tractionisten zu organisieren ist zweifellos eine nützliche Idee und hoch an der Zeit. Nur ergeben sich schon bei der Definition des Vorhabens schwerwiegende Fragen. Die nächstliegende ist natürlich die nach der möglichen Existenz einer Fortgeschrittenen. Zwar ist heute Gendering ein Must, aber wussten das die Hersteller (es gab offenbar keine Herstellerinnen) von Tractions auch schon? Offenbar nicht, denn bei dem von Dani Eberli und Karel Beukema toe Water am 15. und 16. März in Benken durchgeführten Fortgeschrittenenkurs gab es keine Fortgeschrittene, nur Fortgeschrittene. Dem sollte zukünftig unbedingt abgeholfen werden. Also heraus aus der Küche, die Kinder dem treusorgenden Ehemann anvertraut und den Gottesdienst geschwänzt! Die moderne Frau repariert ihre Traction selber! Schließlich soll die Karre ja auch funktionieren und nicht nur in Teilen herumliegen, von denen der Göttergatte verspricht, dass sie wieder zusammengesetzt werden, sobald die fünfzehn anderen Restaurationsprojekte fertig sind, also nie.

Nach dieser etwas heiklen Vorbemerkung erhebt sich weiters die theoretisch interessante Frage, was ein Fortgeschrittener ist. Worin ist er (oder hypothetischerweise sie) fortgeschritten? Und was ist Fortschritt? Von der damals neuen DS schrieb Alexander Spoerl einmal, er wüsste nicht, ob es sich noch um ein Auto handelte, das Ding sei aber jedenfalls ein Fortschritt. Sind also fortgeschrittene Tractionisten noch welche? Oder sind sie irgendetwas Undefinierbares, das aber mehr?
Man könnte nun vermuten, das Fortgeschrittensein verweise direkt auf den Geisteszustand von Leuten, die an alten Citroëns schrauben. Möglicherweise ist ja der Mangel an Schrauberinnen auch der Tatsache geschuldet, dass diese Tätigkeit eine, nun ja, gewisse Durchgeknalltheit erfordert, zu der Frauen erwiesenermaßen weniger neigen als Männer. Diese Eigenschaft verbindet die meisten (vornehmlich männlichen) Schrauber im Übrigen mit manchen Bauteilen der Autoelektrik, womit wir – endlich – beim Thema sein könnten, wäre da nicht noch etwas zu klären.

Es stellt sich nämlich die besonders heikle Frage, wer wohl noch fortgeschrittener sein mag als die fortgeschrittenen potentiellen Kursteilnehmer, so dass er einen derartigen Kurs abhalten könnte. Nun habe ich mich in eine heikle Position manövriert, die zu Missverständnissen Anlass geben mag. Um es ganz klar zu sagen: honi soit qui mal y pense. Die Fortgeschrittenheit, die ich meine, bezieht sich selbstverständlich ausschließlich auf fachliches Können. Und hier kann, wie jeder weiß,in Sachen Traction Dani Eberli in Benken niemand das Wasser reichen – außer unser Freund Karel Beukema aus Holland. Der stapelt daheim in Opperdoes selbstrestaurierte Sixe, darunter eine Hydraulique, und ist ein so profunder Kenner sämtlicher versteckter Ecken und Winkel dieser Fahrzeuge, dass er vermutlich im Schlaf eines zusammenbauen könnte, gäbe es nicht immer noch welche von Citroën.

Bei der Suche nach Themen, die einen fortgeschrittenen Traction-Schrauber interessieren sollten (ich verzichte in der Folge auf das obligate Durchgendern, aus den oben angedeuteten Gründen), und die sich zudem noch innerhalb zweier Tage einigermaßen erschöpfend behandeln lassen, gehört also (a propos Durchknallen) zweifellos die relativ einfache Elektrik dieser Autos, die nichtsdestotrotz voller kleiner Teufelchen steckt. Darüber hinaus manifestiert sich der angesprochene Geisteszustand eines Schraubers nicht selten in einer gewissen Orientierungslosigkeit, die einen Bedarf nach präziser Richtungsgebung nahelegt. Das zweite Thema ist also die Lenkung, der bei diesem Kurs aber gleich der erste Tag gehörte. NB: Unter Lenkung wird in der Folge weniger die der Teilnehmer als die der Traction verstanden, weil die Teilnehmer sich erwartungsgemäß als selbstlenkend erwiesen.

Nun ist die Lenkung einer Traction nicht ganz mühelos zu bedienen, sofern das Auto steht, dies gilt insbesondere für einenSix. Das ist nicht böser Wille des Bureau des Etudes (obwohl es diesen Leuten zuzutrauen gewesen wäre), sondern ein Nebeneffekt der Präzision, mit der die Lenkung lenkt, wenn das Auto fährt, und gerade dann soll sie das ja. Man hat also den Kompromiss zwischen Leichtgängigkeit und Genauigkeit werksseitig in Richtung guter Fahreigenschaft gelegt, was nicht bei allen Autos aus dieser Zeit der Fall ist, denn viele scheinen diesbezüglich eher zum Stehen gebaut worden zu sein. Nicht so die Traction; nur hat sich im Verlauf des vielen Fahrens da und dort der Kompromiss vermutlich gedacht, er könnte sich ungestraft in die eine oder andere Richtung ausdehnen. Manche Tractions sind also nicht mehr präzise zu steuern, andere schwer lenkbar. Im Gegenteil zu den Verhältnissen bei Personen (ich bleibe hier geschlechtsneutral) ist das mitnichten dasselbe und geht auf zwei Ursachen zurück, nämlich Verschmutzung und Verschleiß. Diese zu beseitigen ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, den Kompromiss wieder dazu zu bringen, dass er sich ordentlich benimmt. Dafür muss man die Lenkung zerlegen.

Lenkung Traction Avant

Der silbergraue Herr im roten Overall ist der Kursleiter Karel Beukema, der blonde Brillenträger, ebenfalls in blau, ist Helge Torgersen, der Autor dieses Berichtes

Für dieses Vorhaben muss man sie aber erst einmal vor sich liegen haben. Karel hat nun das große Privileg, daheim über einen privaten Six-Autofriedhof zu verfügen. Somit ist er fein heraußen: er braucht nur ein Wrack mit einem Motorkran vorne anheben und eine Lenkung herausoperieren, die er dann zu Demonstrationszwecken in die Schweiz mitnehmen kann. Thomas (der kürzere), Teilnehmer aus Deutschland, hatte eine ähnliche Idee und brachte eine Lenkung aus einer deutschen Vorkriegs-Traction mit, die bis vor einiger Zeit auf einem Ostberliner Tractionfriedhof zerfiel (so etwas gab es wirklich! Aber das soll Thomas gefälligst selber schreiben).
Bevor man den Schraubenschlüssel in die Hand nimmt, sollte man aber wissen, warum und woran genau zu schrauben ist. Das präsentierten Dani (in Form allgemeiner Theorie) und Karel (als Bild-Demonstration von Traction-Lenkungen im Besonderen) am ersten Vormittag mittels eines in die Garage verschleppten Beamers, unterbrochen von einer Kaffeepause im Nachbarhaus, das praktischerweise eine Motor-Besenbeiz beherbergt. Damit ist nicht etwa eine Werkstatt für die farbliche Holzbehandlung von motorisierten Kehrvorrichtungen gemeint, sondern ein kleines Lokal, in dem es von motorischen Accessoires aller Art wimmelt, das also den Charakter von Danis und Agis Anwesen fortsetzt, ohne freilich dessen Atemberaubhaftigkeit zu erreichen.

Mittagessen wurde hingegen in einem richtigen Restaurant serviert, nämlich in der Sonne, deren kulinarische Strahlen zu Recht weit über das Weichbild von Benken reichen. Bei angenehmer Temperatur (es war sehr kalt draußen) kam man dabei ins Gespräch und berichtete einander über den jeweiligen Stand der Arbeiten an eigenen Autos, wobei sich erstaunlich viele Teilnehmer als Six-Eigner outeten. Von Robi wusste ich das freilich schon, wiewohl ich seinen Wagen noch nie gesehen hatte, aber eine winzige Kleinigkeithatte beitragen können. Kurz, die Teilnehmer wären vermutlich aus ihren Diskussionen nicht mehr aufgetaucht, hätte nicht noch Arbeit in Danis Garage gewartet und dieser zum Aufbruch gemahnt.

Zum bloßen Aufwärmen wären die Pausen eigentlich nicht nötig gewesen, denn Godi hatte neben vielem anderen eine sehr wirksame Elektroheizung mitgebracht. Man sieht also, der Kurs konnte durchaus als Gemeinschaftsleistung angesehen werden, was sich auch darin äußerte, dass die Teilnehmer nicht mit ihrer Meinung zu diversen kniffligen technischen Fragen hinterm Berg hielten. Es gab ja keinen, der sich nicht in einem bereits recht fortgeschrittenen Stadium der Tractionitis befand. Insbesondere bei der nachmittäglichen praktischen Schrauberei wurde kräftig Hand angelegt, nachdem Karel das fachgerechte Zerlegen, Ersetzen der nötigen Verschleißteile und Wiederzusammenbauen einer Tractionlenkung samt dem Einsatz der dafür nötigen Spezialwerkzeuge Schritt für Schritt demonstriert hatte. Unterbrochen wurde er nur von eifrigen, umfassenden und zeitweilig dreifach redundanten Bemühungen zur Fotodokumentation seitens der Teilnehmer. Insbesondere Reto protokollierte fotografisch-akribisch sämtliche Stadien mit zahnärztlicher Genauigkeit und bohrte beim kleinsten Zweifel nach. Die Vorgangsweise orientierte sich allerdings weniger an gängiger Dentalpraxisals am Werkstatthandbuch, dessen Inhalte Karel selbstverständlich auswendig hersagen konnte. Tomas (der längere) hatte darüber hinausdie Aufgabe erhalten, besondere Details, bei denen André Lefebvre geirrt oder die er übersehen hatte und die daher nicht im Werkstatthandbuch standen, aufzuschreiben und so der unwissenden Nachwelt zu erhalten.

Einen Punkt, den er geflissentlich verschwieg, betraf das Herausklopfen der Lagerschalen für die Mitnehmer der Lenkung aus dem entsprechenden Rohr, das der Autor so versunken betrieb, dass hinterher das Gewinde für den Federspanner vernudelt war und der Kaffee kalt, den Agi den erschöpften Teilnehmern zukommen ließ. Für das Nichtprotokollieren dieser Aktion spricht der Autor Tomas und allen Kursteilnehmern an dieser Stelle herzlichen Dank aus, denn dadurch verschwindet dieser Anfängerfehler im Orkus ewigen Vergessens. Glücklicherweise wird das corpus delicti (das Rohr, nicht der Kaffee) vermutlich nie in eine Traction eingebaut werden, sondern künftigen Generationen von Eleven als abschreckendes Anschauungsobjekt dienen. Aber dann werde ich schon längst davongefahren sein oder zumindest meine Lenkung revidiert haben, ohne gewisse Fortgeschrittenen-Fehler gemacht zu haben.
Um den Erfolg zu feiern (bzw. die Misserfolge zu vergessen) ging es am Abend zur Weinverkostung, die wiederum praktischerweise nur fünf Gehminuten von Dani und Agis Haus stattfand. Wären es sechs, wäre ein Heimkommen nicht mit Sicherheit zu erwarten gewesen, denn die Produkte des Hauses Strasser-Torriani erwiesen sich also so leichtgängig die Kehle passierend, dass nicht unerhebliche Gefahr bestand, nach Abschluss der Sitzung die jeweils rettenden Betten nur im quattro-Modus erreichen zu können. Glücklicherweise erwiesen sich erstens die entsprechenden Produkte als eher gesundheitsförderlich, zweitens hatten Agi und die eigens angereiste Tochter Ramona einige reichhaltige kalte Platten zum allgemeinen Abräumen freigegeben, was die Runde auch (bis auf unwesentliche, klägliche  Reste) innerhalb kürzester Zeit schaffte. Das war umso erstaunlicher, als die dafür verantwortlichen Münder nicht nur die Aufnahme von Nahrung und Wein, sondern auch die Abgabe von mehr oder weniger tractionrelevanten Kommentaren gleichzeitig bewerkstelligen mussten. Eine bewundernswert reife Leistung!

Einmal in Übung, ließ man sich von der Nachtruhe nicht sonderlich stören und setzte beim Frühstück fort, wo man abends zuvor aufgehört hatte, nur dass der Wein vorsichtshalber durch Kaffee ersetzt wurde. Ein weiterer Teilnehmer, Beda, stieß dazu und in der Folge und Garage ging es wieder um Theorie, diesmal elektrische. Man mag einwenden, dass wir es ja mit benzinbetriebenen Fahrzeugen zu tun haben, aber die zahlreichen erhellenden Zusatzgeräte eines Autos lassen nicht nur den Laien oftmals im Dunkeln über die Gründe, warum selbiges herrscht.  Das trifft gerade auch für die mit lediglich sechs Volt operierende Anlage einer handelsüblichen Traction zu, für die die Firma Ducellier nicht die einzige Schuld trifft, auch Paris-Rhone ist hier zur Verantwortung zu ziehen. Da bekanntlich elektrische Energie nicht vom Himmel fällt, und wenn, dann eher in unbekömmlichen Dosen und Spannungen, muss der Strom irgendwo herkommen, vorzugsweise aus der Lichtmaschine. Man braucht entgegen der Bezeichnung allerdings nicht immer Licht, aber immer Strom. Diesen inhärenten, schwer zu durchschauenden  Widerspruch zu überbrücken hat der Regler zur Aufgabe.Dessen verzwicktes Wesen bleibt daher vielen, auch Fortgeschrittenen, ein Rätsel.

Nicht so unseren Instruktoren. Nach der theoretischen Einführung in der bewährten Arbeitsteilung (Dani fürs Allgemeine, Karel fürs Besondere), der obligaten Motor-Kaffeepause und dem möglicherweise noch opulenteren Mittagessen fiel es freilich schwer, sich zu konzentrieren und den verzwickten Wegen des Stroms geistig zu folgen. Glücklicherweise hatte Karel mühsam einen genialen Simulationsstand für das elektrische System einer Tractionaus Holland angeschleppt, das alle Strom herstellenden, regelnden und verbrauchenden Elemente samt den für den Durchblick notwendigen Messinstrumenten auf engem Raum vereinigte. Eine Demonstration, wie man eine Lichtmaschine zerlegt, prüft und gegebenenfalls Kohlen und Lager wechselt, ergänzte die Unterweisung.

Elektrik-Theorie an der Traction Avant

Elektrik-Theorie in Daniel Eberlis dafür teilausgeräumter Werkstatt

Diese massive Veranschaulichung ließ nun auch den letzten Fortgeschrittenen die Sache verstehen. Die Möglichkeit, Erregerstrom, Batteriespannung und Ladestrom sozusagen in freier Wildbahn beobachten zu können, ließ Godi zu Höchstform auflaufen. Da er selber mit elektronischen Reglern experimentiert, ließ nicht nur Karel, sondern auch er die Anlage abwechselnd in unterschiedlichen Belastungszuständen und mit verschiedenen Reglern, darunter einem elektronischen, laufen, verband diesen Anschluss mit jenem und den wieder mit anderen und maß so gut wie alles, was man messen kann, fortgeschrittene Dummköpfe wie ich aber nicht zu interpretieren wissen und ausstiegen.

Trotzdem– sogar ich als offen bekennender Nichtelektriker bekam eine Ahnung vermittelt, worum es ging. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass ich das Prinzip eines Reglers verstanden habe. Ob dieses Verständnis auch die Reise nach Hause übersteht wird sich zeigen, und zwar spätestens beim nächsten Kurzschluss oder der nächsten Totalfinsternis, die mit astronomischer Sicherheit eintreten wird. Aber ich kann mich dann wenigstens nicht mehr herausreden, ich hätte keine Ahnung oder es wäre höhere Gewalt. Denn nach einer derart eindrucksvollen Demonstration unterschiedlicher Bauteile (darunter einer tatsächlich defekten Lichtmaschine) sollte es sogar mir möglich sein, Fehler zu finden, obwohl in meinem englischen Six eine Anlage aus dem aristo- bzw. autokratischen Hause Lucas, Prince of Darkness montiert ist. Die war zwar nicht Gegenstand des Kurses, aber nicht einmal Engländer können sich der allgemeinen Logik und den ewigen Gesetzen der Elektrizität entziehen.

Praktische Hinweise, wie man die Leistungsfähigkeit der elektrischen Anlage und damit auch die Verkehrssicherheit verbessern könnte, bildeten einen weiteren Gegenstand des Kurses. Darunter fielen, neben einer korrekten Einstellung und Überprüfung der Komponenten auf Korrosion und Verschleiß, auch eine mögliche Umrüstung auf zwölf Volt und die damit verbundenen begleitenden Umbauarbeiten sowie die Verwendung einer Wechselstrom-Lichtmaschine aus einem VW und deren Adaptierung. Darüber hinaus kamen auch einige Innovationen aus dem elektronischen Eck zur Sprache, etwa Leuchtdioden oder elektronische Regler. Deren Einsatz mag unter Puristen umstritten sein, aber einmal demonstriert zu bekommen, was heute möglich ist, lässt schon die Gedanken kreisen.

Elektrik Praxis an der Traction Avant

Die elektrische Praxis, demonstriert von Karel Beukema, diesmal in rot

Eine Frage, um die solche Gedanken kreisten, war: Was hätte le patron wohl dazu gesagt? Nun, Leuchtdioden hin oder her – auf einen derartigen Kurs hätte er sicher mit Wohlgefallen geblickt, immerhin diente die Veranstaltung nicht nur der Verherrlichung des Namens Citroën, sondern der praktischen Auseinandersetzung mit Eigenheiten von Produkten des Hauses, und zwar vor allem zu deren eigener Lebensverlängerung. Und vom Ablauf her gab es nichts zu bekritteln: So wohlorganisiert und inhaltsreich, ohne penetrant belehrend zu wirken, so gemütlich, kameradschaftlich und unter Beteiligung aller Teilnehmer ungeachtet ihres Ausgangs-Kenntnisstandes würde man sich alle Veranstaltungen ähnlichen Zuschnitts wünschen. Für Schweizer hatte sie allerdings einen Wermutstropfen: nid alli händ Schwyzerdütsch verschtande. Tschuldigung!

Wie weiter? Eine Wiederholung wäre wegen des großen Erfolges vorprogrammiert, meine ich. Zukünftige Kurse für Fortgeschrittene könnten allerdings auch viele andere Themen behandeln, denn Tractions bestehen, wie jeder weiß, aus zahlreichen Komponenten, die alle irgendwann kaputt gehen. Allerdings sind es vor allem kleinere Schäden, die den meisten Ärger machen und vornehmlich dann auftreten, wenn man sie am wenigsten brauchen kann, etwa wenn man euphorisch durch idyllische Landschaften reist, in einer Gegend also, wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen und keine Seele weit und breit einem zu Hilfe eilt, wenn der Wagen streikt. Oft wären solche Pannen zu vermeiden gewesen, hätte man beizeiten kleinen Unpässlichkeiten die nötige Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei meine ich nicht reine Routinearbeiten wie Ölwechsel oder Kerzenkontrolle, sondern tiefer greifende Arbeiten: beidseitig bremsende Bremsen, runde statt vieleckige Radlager und ein Vergaser statt einem Versager– samt einer Benzinleitung, die zulaufen lässt statt selber zuzulaufen – vereinfachen das Leben. Dazu gehören, neben vielem anderen, auch die Vermeidung päpstlich weißen wie schwarzen Rauches sowie blauen Dunstes aus dem Auspuff, das Hintanhalten einer Kupplung der berüchtigten drei Rus (rutschend, rupfend oder ruhend, nämlich steckend) und die Gewissheit trockenerSocken statt eines internen Wasserfalls.Weitere Vorschläge dürften hochwillkommen sein.

Kurz, es könnte um Dinge gehen, die man – wie auch Elektrikfehler– erst erkennen und deuten muss und dann behandeln; wenn möglich selber, wenn nicht, um sie mit präzisen Angaben an eine Garage zu delegieren. Dabei geht es nicht um abstrakte Hermeneutik sondern es ist ein bisschen wie mit Zahnweh. Schließlich muss man dem Zahnarzt ja auch sagen können, welchen Beißer er behandeln soll. Bloß nützt gegen Zahnweh kein Tractionkurs, man muss also wissen, an wen man sich wenden kann und was der tun soll oder was man selber gleich gut oder gar besser besorgen kann. Um im Bild zu bleiben: die Ex-traction überlässt man lieber dem Zahnarzt,die Traction eher nicht, außer es handelt sich bei dem Zahnarzt um Reto.

An wen könnte sich ein derartiger Kurs richten? Leute, die ihre Traction von Grund auf restaurieren, haben vermutlich gute Kenntnisse und das nötige Spezialwerkzeug – wenn nicht, restaurieren sie ihre Fahrzeuge nicht, sondern zerlegen sie in der Regel bloß. Daher sind echte ab ovo-Restaurateure wohl nicht die primären Ansprechpersonen. Daneben vermute ich aber viele, die gerne an ihren Autos schrauben, um sie betriebsbereit zu machen oder zu halten, dies und jenes zu verbessern, Schäden zu beheben oder die Fehler der Vergangenheit auszumerzen – so wie ich. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um Vier- oder Sechszylindermodelle handelt; wie der letzte Kurs gezeigt hat, sind Sixe unter solchen Leuten gar nicht so selten. Für die genannten Zwecke mag man aber nicht immer gleich in eine Garage rennen, weil das erstens teuer ist und man zweitens nie recht weiß, was die dort tun und ob sie wirklich eine Ahnung von Tractions haben.

Außerdem macht Schrauben Spaß, jedenfalls so lange, wie man es nicht muss. Bloß erreicht man bald einmal das Ende der Fahnenstange, was spezielle Kenntnisse angeht, insbesondere wenn das Reparaturhandbuch den Einsatz des Spezialwerkzeugs T 0815-4711 verlangt, das man noch nie gesehen hat, geschweige denn verfügbar ist. Ob man es aber wirklich benötigt, ist oft unklar. Was man allerdings schon benötigt, ist ein funktionierendes Auto, sonst bleibt der Spaß und man selber auf der Strecke, vorzugsweise eben dort, wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen.

Möglicherweise würde ein solcher Kursauch die Hemmschwelle für manche Tractonisten und – ja, auch Tractionistinnen senken, die sich das Schrauben aus welchen Gründen auch immer nicht zutrauen. Insofern ist der vielleicht nicht ganz ernst zu nehmende Beginn dieses Berichts doch ernster gemeint. Es geht dabei aber nicht um politisch korrekte Genderei, sondern um die nachhaltige Ermunterung aller, ungeachtet Alter, Geschlecht oder Haarfarbe,die gerne ein wenig mehr schrauben würden.
In diesem Sinne: Weg mit dem Konjunktiv, und her mit dem nächsten Kurs!

Bemerkung des Webmasters:
Tomáš Pešek, einer der Kursteilnehmer, hat über beide Kursteile eine Dokumentation verfasst. Diese werden in nächster Zeit ebenfalls im CTAC-Internet publiziert werden.