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Überholung der Hinterradbremsen eines 15 Hydraulique

Text und Bilder: Karel Beukema toe Water  

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Im Mai dieses Jahres hatte ich die Backen der vorderen Bremsen meines 15 Hydraulique bereits neu belegen lassen, vor kurzem sind auch die Hinterradbremsen renoviert worden.

Im Prinzip waren die Beläge der hinteren Bremsen noch nicht ganz abgenutzt, beim Fahren über Klinkerwege war jedoch in der hinteren Radaufhängung ein ärgerliches Klappern hörbar, von dem ich schon mal festgestellt hatte, dass es vom Handbremsmechanismus innerhalb der Rädern verursacht wurde. Die Geräusche hinten am Auto hatten sich in den letzten Monaten verschlimmert, also entschied ich das Ganze mal gründlich zu überholen.

Überholung der Hinterradbremsen eines 15 Hydraulique

Hinterradbremse eines 15H

Überholung der Hinterradbremsen eines 15 Hydraulique

Normalerweise ist das Überholen der hinteren Bremsen einer Traction nicht besonders spannend, beim 15H ist jedoch alles anders. Zwar ist der Entwurf der Bremsen dem des normalen Six identisch. Die hinteren Radlager, die Bremstrommeln und die Führung der Seile der Handbremse sind beim 15H jedoch vollkommen abweichend. Die hinteren Bremstrommeln der 15H sehen mit deren integrierten kurzen Wellen wie Pilze aus und die Handbremsseile sind auf recht kunstvolle Weise mit den sehr beweglichen Tragarmen des 15H verbunden. Beide Entwürfe sind in der langen Citroën Geschichte nur am 15H verwendet worden. Zwar sind die hinteren Radlager des DS ähnlich wie die des 15H. Die integrierten pilz-artigen Bremstrommeln sind jedoch nur am 15H, also bei gut 3'000 Exemplaren verwendet worden. Beim DS wirkt die Handbremse auf den Vorderrädern; dort fehlen also die hartnäckigen Drahtseile zu den Hinterrädern. 15H Besitzer müssen jedoch mit dem etwas komischen Entwurf der hinteren Bremsen zurechtkommen. Bei den 15H Hinterradbremstrommeln dreht die kurze Welle (mit den Trommeln) in den Hinterradlagern, weil bei den „normalen“ Tractions die hinteren Bremstrommeln um die fixe Hinterachse herum drehen. An sich ist nichts dagegen einzuwenden – bei manchen modernen Autos mit unabhängiger Hinterradaufhängung ist die Konstruktion ähnlich. Wichtig ist vor allem, dass die beiden zentralen Muttern, mit denen die Bremstrommeln auf der Innenseite der Gelenkarmen fixiert werden, korrekt gesichert sind, denn eine Splinte wie bei der „normalen“ Traction gibt es hier nicht. Die zur Zeit für den 15H verfügbaren Hinterradlager erfordern, dass ein geringes Spiel in den Lagern ist. Nach dem Festziehen müssen die Muttern also ganz wenig gelockert werden. Richtige Sicherung der Muttern gegen unerwünschtem Lockern ist daher noch wichtiger.

Zur Sicherung der zentralen Muttern gibt es spezielle Sicherungsplättchen, von der ein Teil mit Hilfe einer großen Zange gegen eine flache Seite der Mutter gebogen werden muss. Diese Sicherungsplättchen sind höchstens ein- oder zweimal verwendbar. Wer an 15H Schraubarbeiten durchführt, sollte bestimmt einige von diesen Plättchen vorrätig haben. Bei der Montage suche ich zuerst die richtigen Stellung der grossen Mutter (man braucht dafür etwas „Feeling“); diese markiere ich mit einem Filzschreiber. Dann schraube ich die Muttern noch einmal ab, bringe etwas Loctite in das Gewinde und schraube die Mutter bis zur endgültigen Position. Nach Umbiegen der Sicherungsplatte ist das Ganze jetzt doppelt gesichert.

Überholung der Hinterradbremsen eines 15 Hydraulique

Sicherungsplättchen und Loctite bei der zentralen Mutter der hinteren Bremstrommel

Zu beachten ist weiter, dass sich die hinteren Bremstrommeln des 15H, wegen ihrer abweichender Form, nur schwer in eine Drehbank einspannen lassen. Daher ist das Ausdrehen der Trommeln, falls deren innere Oberfläche beschädigt ist, oder falls sie unrund sind, kaum möglich. Falls nicht unbedingt notwendig, soll das Ausdrehen von Bremstrommeln vermieden werden. Die Wandstärke wird verringert, was die Trommel schwächer macht. Aber wenn sie beschädigt sind und es keine Alternative gibt, kann eigentlich nur das Ausdrehen die Trommeln wieder brauchbar machen. Im Reparaturhandbuch ist ein größter zugelassener Innendurchmesser der Trommeln enthalten (307 mm für allen Bremstrommeln eines Six). Dieser Wert soll selbstverständlich nie überschritten werden.

Überholung der Hinterradbremsen eines 15 Hydraulique

Links: Beschädigte Innenoberfläche der Bremstrommel   Rechts:Ausgedrehte Bremstrommel

Meinem Bremsenexperten ist es mit viel Geduld gelungen, die Trommeln axial in eine Schleifmaschine einzuspannen, wonach er sie bis 306,4 mm – also innerhalb der Toleranz – ausgedreht hat. Nicht alle Rillen konnten ganz weggeschliffen werden; die Oberfläche ist jetzt zu 95% glatt und die Trommeln sind vollkommen rund. Beim Bremsen macht dies einen großen Unterschied.

Überholung der Hinterradbremsen eines 15 Hydraulique

Eine Herausforderung beim Arbeiten an den Hinterradbremsen eines 15H ist die Tatsache, dass das fürs Zentrieren der Bremsbacken erforderliche Hilfswerkzeug (2114-V6H im Reparaturhandbuch) nirgendwo vorhanden ist. Mir ist wenigstens kein einziges Exemplar dieses Spezialwerkzeuges bekannt. Fürs Zentrieren der Bremsbacken ist man also auf „Trial und Error“ angewiesen. Insbesondere bei neu belegten Bremsbacken, die knapp in den Trommeln passen, kann dies eine Geduldarbeit sein.

Schauen wir jetzt die Vorrichtung der Handbremse etwas genauer an. Im Inneren der Bremstrommel ist sie identisch wie bei der „normalen“ Traction. Ein flacher Hebel, der oben an den hinteren der zwei Bremsbacken mittels eines Gelenks befestigt ist, wird von einem Drahtseil betätigt. Über einer kurzen Brücke wird die Kraft beim Anziehen auf die vorderen Bremsbacken übertragen.

Diese Vorrichtung ist an sich einfach und solide. In der Praxis gibt es jedoch einige Schwächen, wovon eine bereits früh ans Licht getreten sein muss: wenn die Handbremse nicht betätigt wird, muss sich der Mechanismus frei bewegen können, ohne die normale Bremswirkung zu behindern. Durch die Bewegungen des Hinterrades auf der Straße kann der frei bewegliche Handbremsmechanismus zum Klappern führen, was nicht nur stört, sondern auch zu schnellerem Verschleiss der Teile führen kann. In der Revue Technique (eine frühe Ausgabe von Danis Schraubhandbuch…) sind für dieses Problem bereits einige Lösungen enthalten. Eine davon ist, eine dünne Feder zwischen der Brücke und dem hinteren Bremsbacken zu befestigen, damit die Brücke unter leichter Federspannung heruntergezogen wird. Im unterstehenden Bild sind die dafür bestimmten Löcher erkennbar.

Überholung der Hinterradbremsen eines 15 Hydraulique

Möglichkeiten zur Vermeidung von Klappern der Handbremsen-Brücke

Beim 15H ist das Vermeiden von klappernden Handbremsmechanismen umso wichtiger, da die Hinterräder beweglicher sind, als bei „normalen“ Tractions. Der hohe Fahrkomfort des 15H ist ja vor allem der Flexibilität der Radführung zu verdanken. Zum Vermeiden von unerwünschten Bewegungen der Handbremsbrücke sind beim 15H die Zugfeder der Bremsbacken bereits ab-Werk mit einem Gummikragen ausgerüstet. Diese Gummikragen verhindern das freie auf- und herunterbewegen der Handbremsbrücken und demzufolge das Klappern.

Trotz dieser Vorrichtung klapperte es bei meinem 15H und es hat lange gedauert bevor ich die Quelle des Lärms endlich gefunden hatte. Es stellte sich heraus, das die Löcher in den hinteren Bremsbacken, in den sich die Handbremshebel gelenkig drehen, mehr oder wenig ernsthaft ausgeleiert waren. Kein Wunder dass es klapperte! Die Lösung war relativ einfach. Da die Bremsbacken identisch sind, kann man sie gegenseitig spiegeln, so, dass der vordere der zwei Backen nach hinten kommt. Die diesbezüglichen Löcher für die Handbremshebel in den vorderen Backen waren unbenutzt, also intakt.

Überholung der Hinterradbremsen eines 15 Hydraulique

Beim Spiegeln der Bremsbacken muss immer auf die Länge der Beläge geachtet werden. Bei meinem Auto waren die Beläge von gleicher Länge, obwohl die im Reparaturhandbuch gezeigten Bremsbeläge hinten etwas kürzer sind. Da ich die Bremsbeläge ohnehin ersetzen wollte, war das gegenseitig Spiegeln ganz einfach. Und ich habe auch wieder an allen vier Backen Beläge gleicher Länge anbringen lassen – also so wie sie waren.

Mein Bremsenspezialist hat auf die Backen neues Friktionsmaterial vulkanisiert. Da er – wie erwähnt – die Bremstrommeln ausgedreht hat, konnte er die Stärke und die Rundung der Belägen genau auf dem inneren Radius der Trommeln abstimmen. Wie es mit maßgeschneiderten Kleidern auch passiert, musste ich nochmal zum Spezialisten um ein ganz wenig Material der Belege abschleifen zu lassen, denn sie passten am Anfang etwas zu genau: die Trommeln berührten die Beläge und es war unmöglich einen genügenden Freilauf zu erreichen. Nachdem nochmal 0,6 mm von der Oberfläche abgeschliffen wurde, passt alles und jetzt und lassen sich die Bremsen richtig einstellen.

Überholung der Hinterradbremsen eines 15 Hydraulique

Diese Arbeit hat eine positive Auswirkung auf das Funktionieren der Bremsen, insbesondere auch auf das Verhalten des Autos beim Abbremsen bei höheren Geschwindigkeiten. Die Mühe hat sich also gelohnt.