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Der "Sechs-Zylinder-Légère", oder: Nicht alles ist so lang wie Large Autor: Daniel Eberli Die Unterscheidung der diversen Traction-Typen Mit überraschender Regelmässigkeit wird wohl jeder Tractionist konfrontiert mit der Behauptung, der Vater/Onkel/Schwiegernachbar habe auch so einen Légère gehabt, aber das Sechs-Zylinder-Modell mit Trittbrettern. Was dem gestandenen Citroënisten je nach Temperament ein müdes Lächeln entlockt oder ihn in eine leidenschaftliche Diskussion verwickelt, ist im Grunde genommen gar nicht so kompliziert. - Oder etwa doch? Unseren Mitgliedern und Lesern, denen auch nicht alles klar ist, sei der nachstehende Beitrag gewidmet. Grundsätzlich gilt jedoch: Es gibt (beinahe) nichts, was es nicht gibt. Es gibt "Légère" mit Hinterradantrieb und Trittbrettern (gebaut von "Licorne" und "Delage"), und wahrscheinlich hat es auch schon einmal ein Verrückter fertiggebracht, einen Sechs-Zylinder-Motor in einen Légère einzubauen. Ein Citroën-Motor war's kaum, und einfach war's auf keinen Fall! Dies sind jedoch ganz bestimmt Ausnahmen, und ich will mich auf die wichtigsten Punkte beschränken. Grundsätzlich gilt: |
- | Die Bezeichnung, ob "Légère" oder "Large" bezieht sich auf die Karrosseriegrösse der Vierzylinder-Modelle. |
- |
Es wurden drei verschiedene Bodengruppen gebaut:
schmal und kurz: für Vierzylinder-Motoren, genannt "Légère". breit und mittellang:, für 4 - und 6 - Zylindermotoren genannt "Large" und "15-Six". breit und lang: für 4 - und 6 - Zylindermotoren, für "Familiale" und "Commerciale". |
- | Es gibt 4 - und 6 - Zylinder-Motoren. Als Prototypen wurden 1934 auch einige 8 -Zylinder-Motoren (22CV in V-Form) gebaut, aber diese sind verschollen. |
- | Das Attribut "Köfferli" oder "Rädli" ist eine Frage des Jahrganges, gekoppelt mit anderen Details wie gerade oder krumme Stossstange, der Position der Scheibenwischer und der Form der inneren Fensterumrandungen. |
Die Vorkriegsmodelle 1934-1941 | |||||||
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Légère | Large | ||||||
Bezeichnung | 7 A | 7 B | 7 C |
7 Sport
11 Légère |
11, 11 B
11 Normale 11 Large |
15-Six | 22 |
Zylinder | 4 | 4 | 4 | 4 | 4 | 6 | 8 |
Bohrung/Hub (mm) | 72 x 80 | 78 x 80 | 72 x 100 | 78 x 100 | 78 x 100 | 78 x 100 | 78 x 100 |
Hubraum (ccm) | 1303 | 1529 | 1628 | 1911 | 1911 | 2867 | 3822 |
Steuer-PS | 7 | 9 | 9 | 11 | 11 | 16 | 22 |
PS (circa) | 32 | 35 | 36 | 46 | 46 | 77 | 100 |
Bauzeit |
April -
Mai 34 |
Juni 34 -
Aug. 35 |
Dez. 34 -
Jun. 41 |
ab Jun.
34 |
ab Okt.
34 |
ab Jun.
38 |
1934/35 |
Anzahl (circa) | 7'000 | 20'620 | 78'350 | 87'450 | 58'000 | 2'420 |
nur ca. 12
Prototypen |
Vor dem Krieg herrschte für den Laien ein wirres Durcheinander von Bezeichnungen. Die Version 7C wurde auch als 7C "économique" angeboten, während der 11BL auch 11BL "performance" genannt wurde. Auch mit den Chassisnummern ist nicht alles klar, zumal ja auch noch in Belgien und England Tractions gebaut wurden. Die Karosserien "Légère" wurden während der gesamten Bauzeit nur als Limousine ("Berline"), Coupé ("Faux-Cabriolet") und Cabriolet angeboten. Die breiten Karosserien der "Normale" wurden zusätzlich als "Conduite Intérieure", "Familiale" und "Commerciale", das heisst mit langem Radstand, aber gleicher Karosseriebreite wie die "Large", angeboten. Die "22" hatten ähnliche Abmessungen wie die "Large" und waren in den folgenden Ausführungen geplant: "Berline", "Faux-Cabriolet", "Cabriolet", "Coupé de Ville" 3 Places", "Conduite Intérieure", "Familiale", und "Coupé de Ville" 5 Places. Die letzten drei Varianten entsprachen dem verlängerten Radstand. Zu bemerken ist hierzu, dass auf den Automobilausstellungen von Paris und Brüssel 1934 mehrere 22-er Prototypen ausgestellt wurden, Bilder aus der Zeit beweisen dies. Die 15/Six wurden als "Berline" mit kurzem und "Conduite Intérieure" und "Familiale" mit langem Radstand und sechs Seitenscheiben angeboten. 15/Six "Cabriolet" existierten wohl in den Katalogen, wurden aber offiziell nur ein Mal produziert. Dass dennoch heute mehrere Six-Cabriolets existieren, ist darauf zurückzuführen, dass relativ einfach ein "Large" zu einem "Six" umgebaut werden konnte. Doch davon später mehr. Nach dem Krieg lief 1945 die Produktion allmählich wieder an. Die Karosseriepalette wurde merklich gestrafft : Anfänglich wurden nur Berline "11 Légère", "11 Normale" und "15/Six" gebaut. Erst 1954 kamen wieder die Ausführungen mit langem Radstand in den Verkauf: "11 Normale Familiale und Commerciale" und "15/Six Familiale". |
schmale Karosserie | breite Karosserie | |||||||
Légère | Large | |||||||
7 A | 7 B | 7 C |
11
Légère |
11
Normale |
11 Familiale
Commerciale |
15/Six |
15/Six
Familiale |
|
Radstand: cm | 291 | 291 | 291 | 291 | 309 | 327 | 309 | 327 |
Spur v. bis Dez. 37: cm | 134 | 134 | 134 | 134 | 146 | 146 | ||
Spur v. ab Jan. 38: cm | 137 | 137 | 149 | 149 | 149 | 149 | ||
Spur h. bis Dez. 37: cm | 132 | 132 | 133 | 133 | 145 | 145 | ||
Spur h. ab Jan. 38: cm | 135 | 135 | 147 | 147 | 149 | 149 | ||
Gewicht: kg | 900 | 1025 | 1025 | 1060 | 1100 | 1170 | 1325 | 1380 |
Länge bis Juli 52:cm | 445 | 445 | 445 | 445 | 465 | 485 | 476 | 496 |
Länge ab Juli 52:cm | 443 | 463 | 483 | 473 | 493 | |||
Breite bis Dez. 37:cm | 164 | 164 | 164 | 164 | 176 | 176 | ||
Breite ab Jan. 38:cm | 167 | 167 | 179 | 179 | 179 | 179 | ||
Höhe: cm | 152 | 152 | 152 | 152 | 154 | 158 | 156 | 156 |
Verbrauch: L/100km | 9.0 | 9.0 | 9.5 | 10.0 | 11.0 | 12.0 | 13.0 | 14.0 |
Spitze: km/h | 95 | 100 | 100 |
110-
125 |
105-
120 |
105 |
130-
140 |
130 |
Auf die Ermittlung der Anzahl habe ich verzichtet, da die Zahlen zum Teil Typen - übergreifend sind. Total dürften nach dem Krieg ca. 520'000 11CV und 47'500 15CV gebaut worden sein. (Keine Gewähr für diese Zahlen!) Beim 15/Six wurde ab Mai 1947 die Drehrichtung gewechselt, womit die Zündreihenfolge und das Getriebe ebenfalls eine Änderung erfuhren. G steht für Gauche, also linksdrehend, D für Droite, also rechtsdrehend. Zu Bemerken ist, dass ab Mai 1954, also kurz vor dem Erscheinen der DS, die "Berline 15/Six" mit einer hydropneumatischen Hinterachse ausgestattet wurde, welche auf diese Art und Weise gewissermassen als Testobjekt für die Federung der DS verwendet wurde. Sie hiessen 15/Six H (H für Hydropneumatique) und wurden im Volksmund auch "Hydraulique" oder "Oléo" genannt. Die Karosserien Wie bereits einleitend erwähnt, ist zu unterscheiden zwischen der schmalen und der breiten Karosserie. Die schmale Karosserie, genannt "Légère" (zu Deutsch: "Leicht"), wurde nur mit den Motoren 7, 9 und 11 - vor dem Krieg - in den Karosserieformen "Berline", "Cabriolet" und "Faux-Cabriolet" (= Coupé) angeboten. Nach dem Krieg war ab Werk lediglich die "Berline" erhältlich. Charakteristisch für die "Légère", abgesehen von den kleineren Abmessungen - ist der Höcker auf der Nase, das heisst, dass der Kühlergrill am oberen Ende wie der Schnabel eines Schwans eine Ausbuchtung nach vorne aufweist, während bei den "Large" (zu Deutsch: "breit") jene Stelle gewissermassen aerodynamisch nach hinten flieht. Das Kurbelloch ist bei den "Légère" rund und bei den "Large" (abgesehen von den ganz frühen Jahrgängen) länglich. 7CV / 11BL (oder Légère. Man beachte die "Nase" am oberen Ende des Kühlergrills! Vorkriegsmodelle der Typen 7, 9 und 11CV sind an den Klappenhauben zu erkennen. Diese sind nach dem Krieg den Schlitzhauben gewichen, wie sie der 15/Six schon immer hatte. Ein typisches Indiz für ein Vorkriegsmodell ist auch die feine Sicke, welche aussen an der Heckscheibeneinfassung angebracht ist. Die frühen Modelle hatten schmalere Kotflügel und eine komplizierte Schneckenlenkung, welche später einer Zahnstangenlenkung gewichen ist. Viele frühe Modelle wurden nachträglich umgebaut. Modelle vor dem 15. Juli 52 haben das Reserverad aussen auf dem Kofferdeckel, gebogene Stossstangen und die Scheibenwischer oben an der Windschutzscheibe. Während einiger Wochen ab Juni 52 wurden allerdings während des Modellwechsels "Rädlimodelle" gebaut, welche die Scheibenwischer bereits unten montiert hatten. Modelle nach dem 15. Juli 1952 sind sogenannte "Köfferli - Modelle". Sie zeichnen sich aus durch den (leicht) grösseren Kofferraum, untenliegende Scheibenwischer, gerade Stossstangen und grössere, unprofilierte innere Fenstereinfassungen, welche auch den Tacho umfassen. |
Rad- und Koffermodell
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15/Six Jahrgang 1953: Man beachte die grossen, geraden Stossstangen (Für 15/Six bereits ab 1951) und den grossen Koffer
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11 Normale 1935 ("Large")
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"Large" Faux- Cabriolet 1935
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11 Coupé de Ville 1935, langer Radstand, 5 Plätze (Beachte die symmetrischen Türen!)
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11 Conduite Intérieure 1935, 5 - 6 Plätze und Familiale 8 - 9 Plätze
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11 Commerciale 1938: Vergleiche die hinteren Türen zur Familiale 35!
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11 Commerciale 1954: Vergleiche die Heckklappe zur Commeriale 38!
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Wer meinen Erläuterungen bislang aufmerksam folgte, die verschiedenen Tabellen beizog und seine Kenntnisse der modernen Baukasten-Fahrzeuge hinzufügte, könnte zum Schluss gekommen sein, dass es kein Problem war und ist, einen 6-Zylinder-Motor in eine Large-Karosserie einzubauen. Nun, möglich ist es, aber nicht einfach: Der hintere Teil der Karosserie bis und mit der Windschutzscheibe (und noch ein wenig mehr) sind bei beiden Ausführungen identisch. Der vordere Teil aber muss mit dem Schweissgerät ausgewechselt werden. Der ganze Vorderbau des 6-Zylinders wurde dem höheren Gewicht und den höheren Fahrleistungen angepasst. Die Aufhängung ist viel massiver. Damit der längere Motor überhaupt unter der Haube Platz fand, musste das Getriebe ein Stück unter den Reihenmotor gerückt werden. - Aber das schaut man sich am besten einmal "in natura" an... - oder man baut sich ein Heller Modell 1:8 zusammen. |