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Lieber Leser,
da der Webmaster im Begleitmail zur Aufschaltung meines Beitrages "Allô Taxi! – Allô Piéton!" versprochen hat, dass über die Fortschritte berichtet werde, so muss ich wohl oder übel in die Tasten hauen und rapportieren. Weitere Folgen sind zu erwarten.
AC4 Taxi: Fortschritte – Bericht 1
Bericht und Fotos: Daniel Eberli

In meinem Artikel hatte ich erwähnt, dass ich nach einem Blick in die Augen meiner Frau einem Kauf des Taxi zustimmte. Niemand braucht nun zu glauben, dass ich deshalb so naiv war, zu meinen, dass ich keine Schwierigkeiten zu erwarten hatte. Bislang kann ich sagen, dass bei diesem Fahrzeug noch keine negativen Überraschungen aufgetaucht sind. Dies liegt allerdings nicht am guten Zustand des Taxis, sondern daran, dass meine Erwartungshaltung so programmiert war, dass ich mehr oder weniger mit dem Schlimmsten rechnete…
Vor unserem Haus sah das Taxi ja noch recht photogen aus. Aber in meiner Garage…
Zur Zeit stellt sich die Frage, ob der Titel "Fortschritte" wirklich passend ist. Zumindest wenn man das Auto – oder was davon übrig geblieben ist, anschaut, wäre wohl eher der Begriff "Rückschritte" zutreffend.
Zur Zeit steht der Wagen über der Grube, daneben liegt die komplette Vorderachse. Die Fahrertüre ist demontiert, die Polster sind irgendwie im Heckteil aufgeschichtet. Kurz: Ein eher jämmerlicher Anblick. Aber es gibt auch gewisse Lichtblicke. Dies kann durchaus wörtlich genommen werden: Die halbblinden Schweinwerfereinsätze hatte ich zum versilbern geschickt und mittlerweile sehen sie aus wie neu.
Sehr viele Sorgen und damit verbunden schlaflose Nachtstunden hatte mir der Zustand der Türen bereitet. Diese waren total instabil und hätten bei einem Experten des Strassenverkehrsamtes wohl zu einer überraschenden Herzattacke geführt, hätte ich versucht, das Taxi in diesem Zustand vorzuführen.
Nach dem Entfernen der Türverkleidung konnte ich feststellen, dass die ganzen Türen auf höchst laienhafte Art und Weise "repariert" worden waren. Insbesondere die Eckverbindungen hatten keine Festigkeit mehr.
Hier muss ich ergänzend anführen, dass in den 30-er Jahren die Sonderkarosserien von Citroën – im Gegensatz zu den "Tout-Acier"-Konstruktionen der Werkskarosserien – zu einem grossen Teil nach bester Wagner-Arbeit in Holz ausgeführt waren. Zu diesen Sonderkarosserien gehörten Lastwagenkabinen und eben auch die "Landaulet"-Ausführungen der Taxis.
Da ich in einer Türe eine Zeitung des Jahres 1993 finden konnte, durfte ich annehmen, dass man in diesem Jahr etwas gegen Holzwurm und Fäulnis unternommen hat und die verrosteten Türblätter ersetzte.
Dabei hatte man es unterlassen, wieder kraftschlüssige Eckverbindungen herzustellen, sondern man hatte sich – wie oben erwähnt, zum Teil mit Sperrholz, 1 cm dicken Leisten und ähnlichem Bastelmaterial begnügt oder zerbrochene Stücke der 80-jährigen Originalteile einfach in den Türen belassen.

– Restauration à la Française halt. Ich brauche wohl auch nicht extra zu erwähnen, dass die Innenseiten der Türen im Rohzustand ohne schützende Farbe belassen wurden. Dies führte zu etwas mehr "Patina", als mir lieb war… Immerhin gab es (noch) keine Durchrostungen.
Bei der rechten hinteren Türe hatte man einfach darauf verzichtet, den Fenster-Hebemechanismus zu reparieren.

Stattdessen war an der Scheibe der Kleber "Porte condamnée" angebracht worden… (Lässt sich sowohl mit "verbotene", als auch mit "verdammte Türe" übersetzen!)
Dank meiner relativ gut ausgerüsteten Schreinerwerkstatt – früher hatte ich dort Spielzeug für unsere Kinder hergestellt, nun repariere ich das Spielzeug meiner Frau - fiel es mir zu meiner Erleichterung nicht besonders schwer, die schlimmsten Mängel zu beheben, auch wenn die Spaltmasse heutigen Ansprüchen nicht genügen würden. Eines meiner Ziele war und ist, keine Vollrestaurierung zu machen, sondern die Patina so weit wie möglich zu erhalten. Aus diesem Grund war eine perfektes Herrichten der Türen von vornherein ausgeschlossen.
Die fehlende Kette des Fensterhebemechanismus konnte ich ergänzen. Hingegen bin ich noch auf der Suche nach einem Aluminium-Profil mit Textileinlage als Ersatz für die ausgeleierten Fensterführungen.
Eine weitere grosse Sorge war die gesamte durchgerittene Aufhängung. Bereits auf den 1. Bildern hatte ich festgestellt, dass das Fahrzeug besonders bei der Hinterachse zu tief lag, und bei der Besichtigung in Frankreich war mir das Spiel der Achsschenkel aufgefallen.
Soweit lieferbar, hatte ich mich in Arras mit neuen Achsschenkel-Bolzen und Federbolzen beliefern lassen. Wie erwähnt, habe ich seither die gesamte Vorderachse ausgebaut. Während der Ausbau der Federbolzen mit Hilfe eines selbstgebauten Abziehers noch einigermassen zügig vor sich ging, stand ich bei den Hülsen (oder was davon übrig geblieben war…) zunächst an. Meine Abzugsvorrichtung versagte, und auch Klopfen brachte ausser blutigen Fingern und Kraftausdrücken, welche auf dem Friedhof hinter meiner Garage die Grabhügel erzittern liessen, keinen nennenswerten Erfolg.
Sogar der Versuch, die Bronzebüchsen einzusägen und als Segmente zu entfernen, brachte nichts. Zwar hatte ich grosse Bohrer von 19 und 20mm Durchmesser, doch waren diese mit MK2 - Anschlüssen ausgestattet, welche nicht in meine Handbohrmaschine passten. Natürlich hätte ich sie auf der Drehbank hinten auf 13mm abdrehen können, aber ich hatte Bedenken, dass ich mich beim Einsatz der Handbohrmaschine selbst um dieselbe wickeln könnte oder dass die Sitze der Büchsen verletzt werden könnten.

Schliesslich kam ich auf die Idee, einen Gabelschlüssel am MK2-Anschluss anzusetzen und so erst mit dem 19mm und danach mit den 20mm Bohrer von Hand mit dem nötigen Gefühl die Reste der Bronzebüchsen zu entfernen.
In der Zwischenzeit hatte ich die vorderen Federpakete zum Aufarbeiten zu Bieri in Kriens, einer Spezialfirma für Blattfedern, gebracht.

Nach ca. 3 Wochen konnte ich sie wieder abholen. Ein angerissenes Blatt war ersetzt worden und man hatte die ganzen Pakete aufgesprengt, so dass sie nun wieder gleich hoch sind.
Die Ausgleichsstücke hinten an den Blattfedern waren so ausgeschlagen, dass irgend etwas gemacht werden musste. Schliesslich fand ich in Marthalen einen pensionierten Mechaniker mit hervorragendem Fachwissen und einer 1.klassig ausgestatteten Werkstatt. Wir berieten uns zusammen und kamen zum Schluss, dass es am besten war, wenn er die Teile neu anfertige.
Die neuen Teile liegen inzwischen für den Einbau bereit, meine nächste Aufgabe ist es nun, an der Drehbank Bronzebüchsen für die Blattfedern anzufertigen. Noch vor Jahresfrist war dies für mich Neuland. Da ich solche jedoch im letzten Winter für mein AC4 Torpédo hergestellt habe, fürchte ich mich nicht mehr vor dieser Aufgabe.
Mehr Sorge machen mir die vorderen Aufhängungen, wo die Blattfedern am Chassis befestigt sind. Auch diese sind so ausgeschlagen, dass von blossem Auge und ohne Brille die Tomatenform des Loches erkennbar ist.
Diese Stücke sind am Rahmen festgenietet, und Ersatz gibt es nicht. Mal sehen, wie sich dieses Problem lösen lässt. Und dann wartet da noch die Hinterachse, wo voraussichtlich alles noch etwas schlimmer sein wird.

Offensichtlich war dem Taxi jahrzehntelang kein Schmierfett gegönnt worden. – Wie auch, die Schmiernippel fehlten zu einem grossen Teil!
Die Achsschenkel habe ich noch nicht zerlegt, und ich befürchte, dass nicht nur die Bolzen und Büchsen abgenutzt sind, sondern auch die "Augen". Wie ich damit umgehen werde, weiss ich noch nicht. "Mal sehen", heisst auch hier zur Zeit die Devise.

Dann sind da noch diverse "Kleinigkeiten", wie die Elektrik (die mir keine Angst macht, aber einiges an Zeit benötigen wird), die Instrumente (die in einem jämmerlichen Zustand sind), und dann wären da ja auch noch ein Motor und ein Getriebe, welche lediglich auf einer 250 Meter langen Testfahrt "überprüft" werden konnten…

Daniel Eberli

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