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 Versteigerung des 15CV Six Cabriolets von Mme Michelin

Rudolf Weber

Traction Avant 15CV Six Cabriolet

Am 14. Mai 2016 versteigerte Sothebys in Monaco die rarste Traction aller Zeiten. Bekanntlich wollte Citroën angesichts des Erfolges der 15CV Six Limousine 1939 eine Cabriolet-Variante in ihr Programm aufnehmen. Doch angesichts des Kriegsausbruches wurde das Vorhaben auf Eis gelegt und nach dem Krieg nicht mehr aufgenommen. Zwar wurden nach dem Krieg einzelne Fahrzeuge aus der noch vorhandenen Vorkriegs-Prototypenserie zusammengestellt, doch existiert nur ein einziges, mit Seriennummer 1939 in Verkehr gesetztes Fahrzeug. Dieses wurde an Anna Michelin ausgeliefert. Sie war die Witwe von Pierre Michelin, welcher 1937 bei einem Autounfall ums Leben kam.

Das sich im nach verschiedenen Handänderungen und längere Zeit in den USA fahrende Cabriolet befand sich seit 1997 im Besitz des holländischen 15CV Six Sammlers Nico Michon. Dieser war spezialisiert auf das Sammeln von 15CV Six Modellen. Sein Ziel war, von jedem 15-Six Modell von jedem Jahrgang ein Exemplar zu haben. Unser holländischer Clubkolleg Karel Beukema toe Water kaufte 1998 von ihm eine schwarze Six und hatte die Gelegenheit, die Sammlung in der 1000m2 grossen Halle zu besichtigen und fand darunter auch ganz seltene Exemplare wie ein Splendilux, ein Marius Renard und weitere einzigartige Varianten des 15-Six.

2003 wurde das total und in der Originalfarbe restaurierte Cabriolet 2003 in Holland wieder zugelassen. Viele Clubmitglieder dürften es 2004 am ICCCR in Interlaken gesehen haben.

Leider musste Nico Micho Teile seiner Sammlung umständehalber verkaufen – der Grund ist mir nicht bekannt (vielleicht weiss ein Leser genaueres) – darunter auch das Mme Michelin Cabriolet.

Natürlich war die ganze Traction Gemeinde gespannt, was das Auto in Monaco lösen würde. Sotheby's schätzte im Katalog den Wert auf 650'000 bis 1 Million Euro. Bei Sotheby's findet man nach der Auktion leider keinen Verkaufspreis oder das Auto konnte nicht verkauft werden. Falls unter den Lesern jemand über einen neuen Besitzer oder den Verkaufspreise Angaben machen kann, bin ich für diese Information dankbar.

Es ist zu hoffen, dass auch der neue Besitzer das Auto an Veranstaltungen zeigen wird – vielleicht auch am ICCCR 2016 in Holland?

Alle Bilder aus dem Verkaufskatalog in unserer Galerie.

Ergänzung zu diesem Bericht:

Gemäss Sothebys konnte das Fahrzeug, welches mit einer Quote von 650'000 bis 1'000'000 Euro ausgeschrieben war, nicht verkauft werden. Auffallend war, dass das die olive-grüne Lackierung verschwunden war, welche Nico Michon bei seiner sorgfältigen Restaurierung aufgetragen hat und welche - wie er jeweils erwähnte - der Originalfarbe entspreche.

An der Versteigerung präsentierte sich das Fahrzeug, wie man das den Bildern entnehmen kann, in einer dunkelgrünen Lackierung. Clubmitglied Hans Berchtold hat uns aus dem "La vie de l'auto" vom 28.7.16 einen Artikel herauskopiert, gemäss welchem das Michelin-Auto an der Retro Classics in Ludwigsburg gezeigt wurde. Diese renomierte Auto-Show welche im Park des Residenzschlosses vom 17. - 19. Juni 2016 über die Bühne ging, hatte diesmal französische Autos als Schwerpunkt.

Gemäss diesem Artikel gehört der Wagen heute Michael Stehle, welcher gegenüber dem Autojournal erwähnte, dass er das Auto seit 2012 besitze (also damals wohl Nico Micho abkaufte) und es in die Originalfarbe "vert foncé" umspritzen liess. Somit können wir schlussfolgern, dass Michael Stehle das Fahrzeug bei Sothebys angeboten hat und mangels befriedigender Angebote sein Cabriolet immer noch besitzt. Zu lösen wäre nun noch die Frage, wer in bezug auf die Originalfarbe recht hat, Nico Micho mit seinem "vert olive" oder Michael Stehle mit seinem "vert foncé".

Dem Buch "Traction Avant (coupé, cabriolet, décourvrable)" vom grossen Traction-Historiker Olivier de Serres kann man folgendes entnehmen. Das Auto lief am 20.5.1939 vom Fliessband und war in olive-grün lackiert, mit bordeaux roter Innenausstattung. Gemäss Aussagen der Familie Michelin sei das Fahrzeug 1940 in einen Unfall verwickelt gewesen und anschliessend in türkis-blau umgespritzt worden. 1951 verkaufte Mme Micheline das Auto an Eric Bloch welcher das Auto auf vert-foncé lackieren liess.

Somit irrt Michael Stehle und es ist bedauerlich, dass man dieses einmalige Fahrzeug nicht mehr in seiner originalen Werkfarbe sehen kann.

2. Ergänzung zu diesem Bericht
Im August 2017 kontaktierte mich Michael Stehle, da er mit den Aussagen in meinem Bericht nicht einverstanden war. Er schrieb:

Grundsätzlich finde ich es sehr bedauernswert, dass Sie in Ihren Berichten Mutmaßungen als Tatsachen ausgeben ohne wirklich gut recherchiert zu haben. Anbei schicke ich Ihnen ein Foto von dem Türschweller meines Autos. Hier können Sie erkennen in welchen Farben das Fahrzeug einmal lackiert war.

Anschliff
Das Olivegrün in dem der Wagen von Niko Michon lackiert worden ist, ist auf jeden Fall mal nicht dabei. Das ist auch nicht wirlich eine Farbe die sich eine Dame von Welt ausgesucht hätte, meiner Meinung nach. Nico Michon selbst war über die Farbe überhaupt nicht glücklich als er das Fahrzeug vom Lackieren abgeholt hat. Das hat er gegenüber Philippe Rochart gesagt. Aber mangels Geld hat er es eben dann so gelassen und die „Citroenwelt“ in dem Irrglauben gelassen, dieses Grün sei die Originalfarbe gewesen.

Abgesehen davon war der Wagen nicht gut restauriert. Oder haben Sie die Winker am Fahrzeug jemals in Aktion gesehen? Nein, das können Sie nämlich auch gar nicht, denn die Winker waren nicht funktionstüchtig und überdies hinaus wurden sie einfach überlackiert. Das war jetzt mal ein Beispiel von vielen, die ich nennen könnte.

Zeiger

Ich reagierte auf dieses Mail, indem ich aus dem Buch «Traction Avant, coupé, cabriolet, découvrable» von Olivier de Serre (E-T-A-I 2010) zwei entsprechende Stellen auf den Seiten 93 und 94 zitierte, welche bestätigen, dass der Wagen olive gespritzt das Werk verliess und originalgetreu restauriert wurde:

Zitat

Zitat

 

Darauf entgegnete Michael Stehle wie folgt:
Von der Aussage von Herrn de Serres in seinem Buch halte ich gar nichts. Ich wüßte auch nicht auf welche Quelle er sich da berufen mag. Vielleicht war es ja nur ein Freundschaftsdienst- oder ist das Buch schon vor der Lackierung von Michon veröffentlicht worden? Das entzieht sich meiner Kenntnis. Ich kenne nur die Farben auf dem Schweller und die habe ich mir sehr lange angeschaut und diese Farbe von Nico Michon war, wie gesagt, eben ganz klar nicht dabei.
Ich habe mich auch lange einer neuen Lackierung verschlossen, weil eben der Wagen in diesem Olivegrün bekannt war und ich mir darüber klar war, dass es zu „Farbdiskussionen“ führen kann. Die Farben die ich auf dem Schweller vorfinden konnte, zumindestens die ersten, waren dann schon eher etwas für eine Dame von Welt. Also so ein seltsames Militärgrün auf jeden Fall nicht.
Anbei ein Foto vom Winker. Die waren sehr lieblos überlackiert und nicht gängig gemacht. Eben so eine Billigrestauration.

Ich bin gespannt, ob jemand im Leserkreis zu dieser interessanten Diskussion weitere Informationen beisteuern kann. Natürlich würde ich diese in einer weiteren Ergänzung diesem Artikel beifügen.