Sechs
Aschenbecher für einen Nichtraucher Teil 4
Alles Luft oder was?
Daniel Eberli
Nach der
letzten Folge der Fortsetzungsgeschichte Sechs Aschenbecher für
einen Nichtraucher wurde die Frage aufgeworfen, ob die zickige 15/Six
Familiale jemals aus eigener Kraft wieder die Garage verlassen würde.
Nun, auch ich begann mittlerweile zu (ver-)zweifeln.
Die letzte Folge hatte ja damit geendet, dass ich die Garage fluchtartig
verlassen hatte. Natürlich hatte ich nicht erwartet, dass damit mein
Auto von Geisterhand repariert würde. Ich brauchte die Pause, um
meine Nerven zu erholen und die müde 6-Volt-Batterie aufzuladen.
Am nächsten Tag sprang der Motor dann widerwillig an, aber der Reihensechszylinder
lief wie ein schlecht eingestellter 11-er.
Angefangen hatte dies auf der Heimfahrt vom letzten Zugsüberfall.
Zu meiner Enttäuschung hatte sich daran mit dem Austausch der Zylinderkopf-Dichtung
nichts gebessert. (Siehe Sechs Aschenbecher für einen Nichtraucher
Folge 3.)
So machte ich mich denn auf die Suche nach der Ursache des Problems. Zuerst
steckte ich einen Kerzenstecker um auf eine neue Zündkerze, welche
ich neben dem Motor an Masse legte, und stellte so fest, dass zumindest
auf dieser Kerze ein Zündfunke vorhanden war. Danach steckte ich
den Stecker wieder zurück und startete wenn auch mit Mühe
den Motor. Damit er nicht immer gleich wieder abstellte, wenn ich
meine Versuche machte, drehte ich den Leerlauf an der Leerlauf-Einstellschraube
höher.
Als nächstes zog ich mit einer isolierten Zange, damit ich
keinen elektrischen Schlag verpasst bekam den Stecker der Kerze
Nummer 1 ab. Ich konnte hören, wie der Funke vom Kerzenstecker auf
Masse sprang, und es war deutlich zu hören und zu spüren, dass
der Motor an Drehzahl verlor und (noch) unrunder lief. Eindeutig,
hier wurde gearbeitet! So steckte ich den Stecker wieder zurück auf
die Kerze und wiederholte den Vorgang bei Nummer 2. Der Motor reagierte
identisch. Also weiter mit Nummer 3. Bei Nummer 3 war zwar zu hören,
wie der Funke sprang, aber ein Drehzahl-Abfall war nicht festzustellen.
Somit war für mich klar, dass Nummer 3 schon vorher nicht gearbeitet
hatte.
Die Nummer 4, 5 und 6 reagierten gleich wie Nummer 1 und 2. Da beim zweigeteilten
Six-Vergaser eine Kammer jeweils drei Zylinder versorgt, konnte der Fehler
nicht beim Vergaser liegen. Somit war eindeutig: Der Fehler musste an
der Zündung liegen. Zuversichtlich stellte ich den Motor ab und wechselte
die Zündkerze Nummer 3 um kurz darauf frustriert festzustellen,
dass sich gar nichts geändert hatte. Mein Nachbar äusserte die
Meinung, er hätte einmal eine ganze Schachtel fauler
Zündkerzen gehabt, sicher sei ich auch so ein Pechvogel. Um sicher
zu gehen, vertauschte ich die Kerzen Nummer 3 und 4 und wiederholte den
Test von vorhin. Nun hätte eigentlich Nummer 4 keinen Drehzahl-Abfall
aufweisen sollen hätte, es war aber weiterhin die Nummer 3...
Ich vermutete das Zündkabel und ersetzte es. Ohne Erfolg.
Wenn ich die Zündkerze mit dem Zündkabel Nummer 3 ausserhalb
des Motors an Masse legte, konnte ich einen Zündfunken sehen.
Vielleicht war er ja etwas schwach, um das Gemisch zu zünden. Ich
tauschte die Zündspule aus gegen eine andere (alte, da ich keine
neue zur Verfügung hatte). Keine Änderung! Ich tauschte
den Kondensator aus, stellte den Unterbrecher-Abstand neu ein.- Kein Unterschied!
Mein Nachbar gab mir einen Super Elektronik-Spray, mit dem
ich die Verteilerkappe einsprühte. Tatsächlich sprang der Motor
danach leichter an aber er lief weiterhin nur auf 5 Zylindern.
Inzwischen knirschte es unter meinen Schuhen, denn die Zacken fielen mir
reihenweise aus der Krone. Schliesslich hatte ich mal grossspurig erklärt,
ich bringe jeden Motor zum Laufen, der keinen mechanischen Defekt aufwies.
Um sicher zu gehen, dass kein mechanischer Defekt vorhanden war, überprüfte
ich die Kompression. Der Zeiger meines Instruments kam bei allen
Zylindern praktisch auf den gleichen Wert.
Dann öffnete die Ventilabdeckung, aber auch hier schien sowohl optisch
wie akustisch alles in Ordnung. Dann hörte den laufenden Motor mit
einem Stethoskop ab, konnte aber keine Unregelmässigkeiten ausmachen.
Also: Kein mechanischer Defekt!
Ich habe vor einiger Zeit einmal zwei gläserne Zündkerzen gekauft,
mit denen sich die Farbe der Flamme während des Arbeitstaktes betrachten
liess. Auch dies half mir nicht weiter, da bei Nummer 3 gar keine Flamme
zu beobachten war.
Ich suchte telefonischen Rat bei verschiedenen Kollegen, doch diese zeigten
sich genau so ratlos über meine Berichte, wie ich selbst. Für
mich kamen eigentlich nur noch zwei Ursachen in Frage: Entweder lag der
Fehler am Verteilerkopf, oder wirklich auf der Ansaugseite am Anschluss
Nummer 3. War es möglich, dass ich dort eine Handvoll Putzfäden
oder einen Lappen vergessen hatte? Eigentlich nicht, aber inzwischen schien
mir auch das Unmögliche möglich. Ich vermutete allerdings,
dass sich ein solcher Fehler auf die Kompression ausgewirkt hätte
und somit bei der Messung hätte feststellen lassen...
Albert Schorta hatte weder einen Deckel für meinen Zündverteiler
noch einen ganzen Verteiler für einen Six am Lager, so dass ich dies
nicht testen konnte. Allerdings sah meiner noch so gut aus, dass ich Mühe
hatte, an einen Defekt an diesem Teil zu glauben.
So allmählich stresste die Angelegenheit. Ich hatte bereits viele
Stunden in die Fehlersuche investiert und war kaum einen Schritt weiter
gekommen. Und für den Sonntag 8. April hatte ich mich verpflichtet,
für einen 50-sten Geburtstag zu fahren. Am Freitagmorgen 6. April
eine neue Idee und eine Spur: Auf das Versprühen von Öl
aussen in den Bereich der Dichtungen des Ansaugkollektors reagierte der
Motor ganz deutlich mit einer Drehzahlsteigerung.
Damit war schlagartig klar: Bedingt durch das Ansaugen von falscher Luft
war das Gemisch zu mager für eine Zündung. Mit dem Öl wurde
das Leck kurzfristig gedichtet, womit das Gemisch eine zündfähige
Zusammensetzung erhielt. Das Nachziehen der Schrauben brachte keine
Besserung.
Freitagabend und Samstagmorgen waren meine Frau und ich ausser Haus, so
dass ich mich erst am Samstagmittag wieder um mein Auto kümmern konnte.
Nachdem ich das Ansaugsammelrohr losgeschraubt hatte, sah ich das Übel:
Beim Zylinder Nummer 3 war ein Auge und ein Stück des Rohres abgebrochen.
Was tun innerhalb der verfügbaren Zeit? Der Dorfschmied, der eine
geschickte Hand im Schweissen hat, war ausser Haus. Schliesslich erreichte
ich ihn auf dem Handy. Er erklärte, er sei ca. 1700 Uhr zu Hause
und würde sich ausnahmsweise das Problem mal ansehen.
Kurz nach 1700 kam dann der erlösende Anruf, dass ich vorbeikommen
könne. Als der Schmied den porösen Alluminiumguss sah,
winkte er ab. Er getraue sich nicht, daran zu schweissen. Die Gefahr,
dass nachher alles noch viel schlimmer sei, war ihm zu gross.
Was sollte ich tun? Kleben? Ausser Araldit hatte ich keinen geeigneten
Klebstoff im Haus. Da kam meiner Frau die rettende Idee, ich könnte
Peter Müller fragen, der seinen Six zerlegt hat. Peter war zu Hause
und hatte nichts dagegen, mir das Teil auszuleihen.
Am Samstagabend um halb elf löschte ich das Licht in der Garage.
Mein Six war zwar fertig montiert, doch da ich für den Auspuffkollektor
einen hitzeresistenten Silikonkleber verwendet hatte, der erst hart werden
musste, hatte ich darauf verzichtet, den Motor zu starten...
Am Sonntagmorgen um 8 Uhr startete ich den Motor und er lief auf
allen Zylindern. Ich schlich mich mit dem Auto aus dem Dorf und stellte
an einem Waldrand das Leerlaufgemisch und die Leerlaufdrehzahl ein. Dann
füllte ich den Tank und war gut 10 Minuten zu früh am Treffpunkt
mit dem Geburtstagskind.
Irgendwie
muss ich hier noch anfügen, dass eigentlich noch ein
DS-Fahrer engagiert gewesen wäre. Dieser tauchte aber nicht am Treffpunkt
auf, sondern sagte erst auf Anfrage am Telefon, er hätte sich verschlafen
und rund zwei Stunden später, seine DS laufe nur auf zwei
Zylindern, und er komme gar nicht... Kein grösseres Problem,
so füllte sich halt mein Six mit 8 Personen! - Die Fahrgäste
waren begeistert, und meine Familiale schaffte das Mehrgewicht problemlos!
Noch erträgt
meine Diva etwas Zuwendung, etwas Fine-tuneing. Der neue Auspufftopf
macht mehr Lärm, als mir lieb ist, aber bis heute bin ich nicht dazu
gekommen, um festzustellen, warum. Den Kollektor habe ich zu einem Schweiss-Spezialisten
gebracht. Aber mein Auto läuft auf allen Zylindern, und das ist die
Hauptsache!
Daniel Eberli
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