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Sechs Aschenbecher für einen Nichtraucher – Folge 6
Druck-Sache
(Immer noch zu wenig Öldruck…)

Daniel Eberli

Bedingt durch die ständig zunehmende Klimaerwärmung ist es heutzutage für den Laien immer schwieriger, die Jahreszeiten zu unterscheiden. Selbst Profis wie die Meteorologen der Meteo Schweiz oder Förster und Gärtner blicken heute nicht mehr aus dem Fenster oder auf das Thermometer, sondern auf den Kalender, wenn sie wissen wollen, welche Jahreszeit gerade herrscht.
Insider wie die Clubmitglieder des CTAC haben es da bedeutend einfacher, denn da gibt es ein absolut untrügliches Zeichen, welches sich nicht durch die Kapriolen des Thermo- oder Barometers beeinflussen lässt: Hängt der Motor von Eberli's Six am Haken, ist Winter!
Genau, und deshalb ist jetzt Winter, obwohl das Thermometer heute früh, 7. Februar 2004, um halb sechs Uhr milde 12 Grad Celsius angezeigt hat. - Draussen, versteht sich.

Das heisst, genau genommen hängt der Six-Motor nicht mehr am Haken, sondern nur noch das Getriebe. Der Motor ist …
Aber gehen wir doch der Reihe nach! Bevor ich jedoch zum eigentlichen Bericht komme, möchte ich auf die Folgen 1 bis 5 hinweisen, deren Kenntnis Voraussetzung für das richtige Verständnis zur vorliegenden Geschichte ist. Am Schluss der Folge 5 wurde ja auf Grund des festgestellten mangelhaften Öldrucks die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Folge angedeutet.

Im Laufe des Nachmittags des 26. Januar begann ich mit der Demontage der Motorhaube, der Kotflügel und des Kühlers und am darauffolgenden Vormittag baute ich den Motor ganz aus. Verglichen mit dem ersten Mal war ich einiges schneller. Insbesondere das Ausfädeln der Antriebswellen und das Ausfahren der fast 350 kg schweren Motor-Getriebe-Einheit gingen absolut problemlos von statten.

    Im Nachhinein frage ich mich, ob vielleicht beim 1. Mal die Teile nicht oder falsch geneigt waren. Während der 4-Zylinder zum Aus- und Einbauen nach hinten geneigt sein muss, muss der 6-Zylinder leicht nach vorne geneigt sein, damit er zuerst aus den hinteren Motorlagern gehoben wird. Da der 4-Zylinder an der Wasserpumpe aufgehängt wird, bekommt er automatisch die richtige Neigung. Beim 6-Zylinder muss eine vierbeinige Kette verwendet werden, welche vorne länger ist als hinten.
Während dem ich das Motorenöl abliess, inspizierte ich den Magneten, den ich letztes Mal mit Araldit in die Ablassschraube geklebt hatte. Der Magnet hatte ganz feinen Metallabrieb angezogen. Die Menge fand ich angemessen, war dies doch vom Einschleifen der ganz neuen Zylindern und den Kolbenringen zu erwarten. Feste Teile fand ich keine, was beruhigend war. Dank dem Magnet war verhindert worden, dass der Abrieb weiterhin im Öl zirkulieren und wie Schleifpaste auf die Lager wirken konnte. Bei späteren Fahrten wurde der Ölkühler etwa handwarm, allerdings waren die Tagestemperaturen nicht mehr so hoch.
Die Citroënisten kamen zum Schluss, dass wohl die Ölpumpe bei warmem Öl zu viel internen Druckverlust haben muss, dass also die Zahnräder innerhalb der Zahnradpumpe zu viel Axialspiel aufweisen. Da die Prüfung der Pumpe im Winter in der kalten Garage und bei einer Öltemperatur von knapp 60° C stattgefunden hatte – zu einer Öltemperatur von 80 oder gar 90° somit ein erheblicher Unterschied bestanden hatte – war der Mangel nicht bemerkt worden.
Das Verdikt lautet nun: Im Winter muss der Motor nochmals raus, damit die Ölpumpe überarbeitet werden kann.

Für die nächsten Untersuchungen war mit Hansueli Streit, Clubmitglied und Fachmann für Hydraulik, behilflich. Wie ein Tierarzt kam er in meine Garage und installierte eine externe Ölpumpe, welche uns erlaubte, von aussen, bei demontierter Ölwanne und stehendem Motor, im Ölkreislauf Druck aufzubauen und zu beobachten, wo welche Menge der schwarzen Brühe auftauchte. (Ganz sicher einmal in den Ärmeln des Blaumanns und auf dem Garageboden, aber das muss wohl nicht besonders erwähnt werden…) Bevor wir unsere Tests starteten, heizten wir das Öl auf einem kleinen Elektro-Rechaud. (Ich habe nicht gewagt zu fragen, ob Hansueli's Gemahlin Renata weiss, wozu ihre beste Pfanne verwendet wird!) Item, wir stellten fest, dass beim hintersten Hauptlager zuerst - und für unser Gefühl zu viel - Öl kam. Auf der anderen Seite trat bei den Kipphebeln nur wenig Öl zu Tage. Immerhin konnten wir nirgends Ölaustritt feststellen, wo keines zu erwarten war. Als nächstes untersuchten wir die Ölpumpe. Dummerweise öffneten wir das Druckbegrenzer-Ventil, bevor wir die Pumpe nach der im Original-Werkstatt-Handbuch beschriebenen Methode prüften.

Die Zahnräder der offenen Ölpumpe.
Mit einem Aluklotz konstruierten wir eine Einrichtung, welche wir direkt an die Ölpumpe anflanschen konnten. Mittels Bohrungen konnten wir ein Manometer und eine Schraube mit einem 2.5 mm Loch anschliessen. Letztere konnten wir auswechseln mit einer solchen mit
3 mm Loch. - Eine Düse wie im Buch beschrieben mit 2.8 mm Loch oder einen entsprechenden Bohrer hatten wir nicht greifbar. Aus drei unterschiedlich dicken Rohrstücken bastelten wir einen Flansch, so dass wir die Ölpumpe mit der Bohrmaschine antreiben konnten. Das Öl saugten wir direkt aus der Pfanne, was zwar wirkungsvoll funktionierte, aber natürlich auch Spuren auf dem Garageboden hinterliess.
Wir waren etwas erstaunt, dass die gemessenen Werte als gut bis sehr gut bezeichnet werden konnten, zeigte doch das Manometer rund 2.5 kg Druck bei einer Bohrmaschinendrehzahl von rund 1100 Umdrehungen. In der Diskussion kamen wir darauf, dass dies einer Motorendrehzahl von 2200 Umdrehungen entspricht, da die Ölpumpe zusammen mit dem Zündverteiler angetrieben wird und somit nur halb so schnell wie die Kurbelwelle läuft. So gesehen waren die Werte unserer Meinung nach nicht mehr so überragend, entspricht dies doch im dritten Gang ungefähr einer Geschwindigkeit von ca. 70 km/h! Das "Bucheli"-Buch "Querschnitt durch die Autotechnik", Band 10 beschreibt das Einstellen der Ölpumpe wie folgt: "Die Ölpumpe soll mit einem Druck von 2 bis 2.5 kg eingestellt werden.
Die Ölpumpe mit der Messeinrichtung
Dieselbe kann durch Verdrehen des Einstellzapfens reguliert werden. (Drehzahl des Motors zur Einstellung: 1000 Touren mit einer Durchlassdüse von 2,8 mm Bohrung und bei einer Öltemperatur von zirka 60° Celsius.)"
Ist es möglich, dass wir hier auf einen Fehler im Werkstatt-Handbuch gestossen sind - und vielleicht den wahren Grund für unzählige Lagerschäden gefunden haben? (Die Anleitungen sind für den 11-er wie für den 15-er Motor identisch, und es gibt auch keinen Unterschied zwischen dem Deutschen und dem Französischen Buch.)

Wir wollten der Sache auf den Grund gehen. Da wir keine präzisen Angaben über die tieferen Drehzahlen meiner Bohrmaschine hatten, nahm Hansueli Streit die Ölpumpe mit, um sie am Feierabend bei sich im Geschäft zu prüfen. - Das Ergebnis war niederschmetternd!

Bei einer Pumpendrehzahl von 300 Umdrehungen - entsprechend einer Motorendrehzahl von 600 Umdrehungen (also ungefähr Leerlaufdrehzahl oder 20 Km/h im dritten Gang) brachte die Pumpe bei ganz verschlossener Austrittsdüse nur gerade 1 kg auf das Messinstrument. Der Druckverlust innerhalb der Pumpe war also ganz enorm.
In der gleichen Zeit, da Hansueli die Versuche mit der Ölpumpe durchführte mass ich das Spiel des hintersten Hauptlagers der Kurbelwelle. Da ich das Steuerkettengehäuse nicht öffnen wollte, konnte ich die untere Lagerschale jedoch nur lösen, nicht ganz ausbauen. Mit der gleichen Methode, wie im Bericht Nummer 1 beschrieben, stellte ich fest, dass das Spiel 75 bis 80 Tausendstel betrug - relativ viel, wie ich fand.
Ein Anruf bei meinem Zylinderschleifer bestätigte, dass dieser Wert zwar noch innerhalb der Toleranz, aber doch im oberen Bereich lag. Da der Motor ohnehin ausgebaut war, willigte er ein, die Lagerböcke etwas abzunehmen und die Lagerschalen neu einzureiben, um das Spiel zu verringern. Und meine Ölpumpe befindet sich zur Zeit bei Abi, wo sie neue Zahnräder mit Übermass bekommt.
Bevor wir sie dann wieder einbauen, wollen wir damit eine ganze Testserie durchführen. Auf der einen Seite wollen wir bei verschiedenen Drehzahlen sowohl Druck- als auch Literleistung feststellen. Auf der anderen Seite wollen wir die Aussage des Zylinderschleifers überprüfen, wonach bei der Verwendung eines Einbereichsöles SAE HD 40 der Öldruck bei warmem Motor höher sei, als bei einem 20W-60 Mehrbereichsöl.
Unserer Meinung nach kann dies nicht stimmen, sind wir doch der Ansicht, dass die Viskosität direkt mit der Dicke des Öles zusammenhängt. - Mehr davon beim nächsten Mal.

Darum also hängt der Motor zur Zeit nicht mehr am Haken, obwohl Winter ist. Auf alle Fälle bin ich nun zuversichtlich, dass wir das Problem mit dem ungenügenden Öldruck in den Griff bekommen.


Daniel Eberli


Fortsetzung: Teil 7


Wer die ersten Folgen verpasst hat, findet die Beiträge unter der Reihe "Die Revison eines Six-Motors" hier:
Teil 1
Teil 2
Teil 3
Teil 4
Teil 5